Frauenstreik - und dann?

Frauen sind im Nachteil, einzig und allein deshalb, weil sie Frauen sind. Grund dafür sind die patriarchalen Strukturen, in denen wir leben. Daran ändert auch der Frauenstreik nichts.

Violette Fahnen mit Frauengestalt
Frauenstreik: Was Not tut, ist die Aufweichung des Patriarchats. (Bild: frauen-streiken.ch)

Morgen streiken in der Schweiz die Frauen. Sie fordern unter anderem Lohngleichheit, ein Ende der Diskriminierung und der sexuellen Belästigung sowie eine gerechte Verteilung der Care-Arbeit. Dagegen ist erst einmal nichts einzuwenden. Aber die entscheidende Frage ist doch: Wie ist es überhaupt möglich, dass Frauen im Jahr 2019 immer noch Rechte einfordern müssen, die ihnen per Verfassung zustehen?

Die Antwort darauf lautet: Weil wir in patriarchalen Strukturen leben. Die Abwertung des weiblichen Prinzips und damit die untergeordnete Stellung der Frau ist gewissermassen eine Werkseinstellung. Das Patriarchat ist das Vorzeichen, das alles weitere bestimmt. Wir können streiken und demonstrieren, soviel wir wollen, aber die Verhältnisse werden sich nicht grundlegend ändern, so lange dieses Vorzeichen besteht. Im Grunde genommen geht es in der aktuellen Diskussion nicht darum, dass es den Frauen besser geht. Es geht darum, wie Frauen ins Patriarchat integriert werden, damit sie dort gut funktionieren und die Quote erfüllt wird.

Als Frauen haben wir zwei Möglichkeiten: Ausstieg aus dem Patriarchat oder Aufstieg im Patriarchat. Letzteres verleitet selbst Frauen zu der Annahme, das Patriarchat sei überwunden, wenn sie Schlüssel- und Führungspositionen besetzen - in der Politik, in der Wissenschaft, im Atomkraftwerk und im (patriarchalen) Staat.  Dort sind sie dann die besseren Männer und machen genau dieselbe frauen- und lebensfeindliche Politik - und auch dafür gibt es eine Erklärung: Das Patriarchat hat die Frauen korrumpiert - denn Frauen suchen nach Identität im Patriarchat.

Typische Frauenberufe sind grundsätzlich schlechter bezahlt als typische Männerberufe. Mit Care-Arbeit, bei der es darum geht, für andere zu sorgen, für Kinder, Mitmenschen, Alte und Kranke, lässt sich deutlich weniger Geld verdienen als mit Positionen im Management und im Finanzwesen. Das müsste uns zu denken geben, ebenso wie die Tatsache, dass Alleinerziehende (und das sind überwiegend Frauen) mehr als doppelt so häufig von Armut betroffen sind als der Rest der Bevölkerung.

Was sagt es über uns als Gesellschaft aus, dass Produktivität und Umsatz mehr zählen als das Engagement für Mitmenschen? Warum sind soziale Berufe, bei denen es um das Wohl von Menschen geht, finanziell grundsätzlich schlechter gestellt als jene, in denen es um die Herstellung von Produkten, um Konsum, um Dienstleistungen und Profit geht? Auch Männer arbeiten in Care-Berufen, und auch sie sind schlechter bezahlt als ihre Geschlechtsgenossen, die im Finanzwesen und im Management Karriere machen.

Es wird viel von Gleichstellung gesprochen. Frauen und Männer sind aber nicht gleich. Frauen können Kinder gebären, und damit sie das können, haben sie einen Zyklus, und später kommen sie in die Wechseljahre, mit allen Höhen und Tiefen, aber im Berufsleben darf das kein Thema sein. Frauen haben im Beruf zu funktionieren, unabhängig von Hormonen. Sie müssen «ihren Mann stehen», und dabei sind die Kapriolen der Reproduktionsorgane nur im Weg. Die weibliche Natur und alles, was damit einher geht, hat in der Wirtschaft keinen Platz.

Bessere Job-Chancen, Lohngleichheit, mehr Frauen in Führungspositionen und mehr Krippenplätze sind keine Lösung. Wirklich besser geht es den Frauen erst, wenn patriarchale Strukturen aufgeweicht werden. Wenn das weibliche Prinzip anerkannt und aufgewertet wird. Es hat das Wohl des Ganzen im Blick - und nicht das von Einzelnen. Das weibliche Prinzip sorgt sich um alle. Es will, dass es allen gut geht, einschliesslich der Natur, die mit dem Weiblichen untrennbar verbunden ist. So, wie eine Gesellschaft mit der Natur umgeht, so geht sie mit den Frauen um.

Der Frauenstreik erwähnt patriarchale Strukturen, notabene die Wurzel allen Übels, nur am Rande. Aber genau darum geht es: Wir müssen uns bewusst werden, WARUM die Dinge sind, wie sie sind. Nur dann können wir wirklich etwas verändern. Alles andere ist Symptombekämpfung. Darüber müssen wir reden.

Mehr dazu

- Claudia von Werlhof: Die Verkehrung. Das Projekt des Patriarchats und das Gender-Dilemma
- Daniel Duesberg: Die Zerstörung der Welt. Zeitbombe Patriarchat
- Ausmisten! Artikel von Christoph Pfluger über das Ausmisten von alten Weibern im Unternehmen