Gas-Notfallplan der EU ist eine vorprogrammierte Katastrophe

Der ungarische Ministerpräsident Orban erwartet ab Oktober eine Kriegswirtschaft in ganz Europa.

Am 20.7. stellte die EU-Kommission ihre Strategie «Gas sparen für einen sicheren Winter» zur Senkung des Energieverbrauchs in Europa vor. Der Vorschlag konnte jedoch nicht einmal die Unterstützung der EU-Staaten gewinnen. Schon nach wenigen Stunden lehnten Griechenland, Portugal, Spanien und Italien ihn ab.

Schliesslich einigten sich die EU-Energieminister sechs Tage später auf einen Kompromiss. Das Ziel, den Gasverbrauch bis März 2023 um 15% zu senken, wurde angenommen, aber mit einer langen Liste von Ausnahmen. Der ursprüngliche Vorschlag, der die Kommission ermächtigte, den Energienotstand auszurufen und verbindliche Ziele für Verbrauchssenkung vorzuschreiben, wurde verworfen und die Entscheidung in die Hände des Europäischen Rates gelegt, der mit qualifizierter Mehrheit entscheiden könnte.

«Brände löscht man normalerweise nicht mit Flammenwerfern.» (Viktor Orban)

Aber auch dieser Kompromiss wird scheitern. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer am 28.7. in Wien kritisierte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban die Russlandpolitik der EU und warnte: «Wenn Brüssel seine Strategie nicht ändert, müssen wir im Oktober mit einer Kriegswirtschaft in ganz Europa rechnen... Sanktionen und Waffenlieferungen sind wirkungslos. Brände löscht man normalerweise nicht mit Flammenwerfern», sagte er laut Radio Kossuth. Er bestätigte, dass Ungarn über den Kauf von zusätzlichem russischem Erdgas verhandelt.

Am selben Tag drohte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit einem Veto gegen den Plan. Das endgültige Abkommen müsse einstimmig beschlossen werden:
«Wenn die EU versucht, uns zu einer Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit zu zwingen, werden wir heftig protestieren» und notfalls ein formelles Veto einlegen. Klimaministerin Anna Moskwa erklärte, Polen nehme bereits Einsparungen vor und obligatorische Kürzungen seien unnötig. Sie sagte im öffentlich-rechtlichen Sender TVP: «Im schlimmsten Fall, wenn wir überstimmt werden, werden wir uns einfach nicht daran halten.»

Tatsache ist, dass das 15%-Ziel mit «homöopathischen» Massnahmen, wie sie die Kommission empfiehlt  – z.B. Senkung der Temperatur in Privathaushalten und öffentlichen Gebäuden -, nicht erreicht werden kann. Dies ginge nur mit einer massiven Reduzierung der Wirtschaftstätigkeit, was wegen der hohen Energiekosten bereits begonnen hat. Zudem geht die Kommission davon aus, dass die russischen Gaslieferungen, auch wenn sie auf 20% reduziert wurden, bis zum Winter fortlaufen werden.

Während andere Länder erkennen, dass dies eine selbstmörderische Strategie ist, hält die deutsche Regierung an dem Plan fest, in der Hoffnung, damit Hilfe von den EU-Partnern zu erhalten. Doch das Blatt könnte sich wenden: Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ergab, dass 16% der deutschen Industrieunternehmen ihre Produktion gedrosselt haben oder dies planen. Bei energieintensiven Betrieben sind es bis zu 32%. Das sind alarmierende Zahlen, und unter dem EU-Plan könnten viele Branchen gezwungen sein, ihre Produktion endgültig einzustellen. Und wie es sprichwörtlich heisst: Wenn sich die deutsche Wirtschaft erkältet, bekommen die anderen eine Lungenentzündung.
Es gibt jedoch eine Möglichkeit, die Katastrophe zu vermeiden: die Sanktionen gegen Russland aufheben und die Aufrüstung der Ukraine beenden...

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Der Text stammt aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.