Geklaute Präsidentschaft oder legitime Wahl?

Die Vorwürfe aus dem Trump-Lager, bei der Präsidentschaftswahl sei es zu eklatanten Wahlfälschungen gekommen, beherrschen seit Wochen die Medien. Beweise blieb man bis auf einige Ausnahmen schuldig. Alles Propaganda oder hat Trumps «Legal Team» eine Chance verspielt?

©Markus Winkler / unsplash

Ein detaillierter Blick auf das Wahlgeschehen liefert bisher keinen Beweis für eindeutigen Betrug – so zumindest urteilten die Gerichte (siehe Update weiter unten). Allerdings zeugt das gesamte Verfahren von der Korruptheit und Verkommenheit des US-amerikanischen Wahlsystems.

Nachdem bereits Mitte November der Journalist und Moderator Tucker Carlson in seiner Fox-News-Show eine erhebliche Anzahl nachweislich lange Verstorbener namentlich nannte und – aus seiner Sicht – den Beweis antrat, dass sie trotzdem sämtlich ihre «Stimmen» abgegeben hätten, flammte die Frage um die Rechtmässigkeit der Briefwahl zum wiederholten Male auf.

Die Beweise schienen schlüssig, allein man kam allenfalls auf einige tausend gefälschte Stimmen. Damit hätte Donald Trump sich die Wahl nicht «zurückerobern» können. Auch der Nachweis, der laut Carlson erbracht werden könne, dass die Demokraten ganz bewusst die Wählerverzeichnisse nicht aktualisiert und damit den «Stimmen der Toten» Vorschub geleistet hatten, schien die Gerichte nicht zu veranlassen, eine Überprüfung vorzunehmen. Vor allem den Bundesstaat Pennsylvania traf der Vorwurf. Doch eine daraufhin von Trumps Anwälten eingereichte einstweilige Verfügung, um Pennsylvania von der Beglaubigung der Wahlergebnisse abzuhalten, wurde am vergangenen Samstag abgelehnt. (Meldung nach Redaktionsschluss: Anerkennung des Wahlergebnisses gestern abend vorerst gestoppt. Siehe Update am Schluss des Artikels.)

Parallel hatte Trumps Anwaltsteam unter der Leitung von Rudolph Giuliani, Rechtanwalt, Ex-Bürgermeister von New York und Rechtsberater des Noch-Präsidenten, in den letzten Wochen eine Vielzahl Leute interviewt, die sich gemeldet hatten. Als Zeugen gaben sie eidesstattliche Erklärungen ab, Anwälte organisierten die Beweise und erhoben Klagen vor verschiedenen Gerichten.

Am vergangenen Donnerstag trat Giuliani gemeinsam mit dem Legal Team im Rahmen einer anderthalbstündigen Pressekonferenz in Washington vor die Mikrofone. Eine Fülle Beweise für Wahlfälschung, die das Team in den vergangenen Wochen feststellen konnte, sollte der Öffentlichkeit vorgelegt werden.

Giuliani berichtete von «derart auffallenden Parallelen» in den – seiner Ansicht nach – gefälschten Wahlergebnissen, dass «dahinter ein koordiniertes Vorgehen, ein Plan und eine zentrale Steuerung stehen» müssten. Besonders in «Grossstädten, die von Demokraten geführt würden und die bereits eine lange Historie der Korruption aufweisen, sei der Betrug manifest». Es sind jene Städte, so Giuliani, in denen sowohl die Wahlaufsicht, die Strafverfolgungsbehörden als auch die Justiz fest in den Händen der Demokraten liegen. So sei eine Verfolgung des Betrugs quasi unmöglich.

Wer hatte bereits unter dem Namen Stimmberechtigter  gewählt?

Dabei fokussierte er besonders auf die Briefwahl und die vielfältigen Möglichkeiten der Wahlfälschung, die dieses System impliziert – ob beabsichtigt oder versehentlich.

Ungeachtet der Intentionen des Legal Teams würde auch ein Aussenstehender diese spezielle Form des amerikanischen Briefwahlsystems als wenig fälschungssicher empfinden und es jenseits aller Regularien, denen Briefwahlen in europäischen Staaten unterliegen, einordnen. 

Als weiteren Beleg von Wahlfälschung führte Giuliani das Beispiel Pittsburgh an. Laut seinen Angaben existieren mindestens 15‘000 Betroffene, denen Folgendes passiert sei: Als sie zur Wahl kamen, um an den Wahlautomaten ihre Stimme abzugeben, sei ihnen mitgeteilt worden, sie hätten bereits gewählt. Auch auf Intervention hin war es unmöglich, die Stimme abzugeben. Wer also hatte unter diesen Namen bereits gewählt? Sollte das stimmen, scheint die Erklärung, sie hätten vergessen, dass sie bereits gewählt hatten bei einer Zahl von 15‘000 Betroffenen relativ unwahrscheinlich. Republikanische Wahlinspektoren seien an ihrer Arbeit gehindert worden, lautet ein weiterer Vorwurf Giulianis.

Hinzu kommt die völlig unkontrollierte Einlieferung Zehntausender oder sogar Hunderttausender Briefwahlkuverts lange nach Beendigung der Wahl. In einem Fall sei ein LKW vor einem der zentralen Büros, die die Auszählung vornehmen, vorgefahren und hätte Berge von Kisten und Plastiktüten voller Briefwählerstimmen entladen, so Giuliani. Nichts war in entsprechenden Behältnissen verschlossen, kein Offizieller hätte den ordnungsgemäßen Transport kontrolliert. Und – so der Anwalt weiter – das Erstaunliche bei der anschliessenden Auszählung dieser Stimmen sei gewesen, dass sie zu einhundert Prozent an Joe Biden gingen. Zeugen dafür gäbe es laut Giuliani.

Und mit Verlaub, sollte das stimmen, kann man nur konstatieren: Eine hundertprozentige Zustimmung für einen Kandidaten kennt man bis dato nur aus Staaten, deren Rechtstaatlichkeit zurecht bezweifelt wird.

Sie hätten «ihrer Sache» möglicherweise einen guten Dienst erwiesen. So hingegen endete alles in abstrusen Theorien.

Giuliani zählte Beispiel nach Beispiel auf, legte Beweis um Beweis vor. Sollte auch nur ein Bruchteil dessen wahr sein, wäre es bereits überzeugend genug: Es gab Betrug bei den Wahlautomaten und der Software in allen Bundesstaaten und massiven Betrug bei den Briefwahlen in den wichtigsten Städten der Demokraten.

Weitaus kruder scheint hingegen die Geschichte zu sein, die die Juristin Sidney Powell, ebenfalls Mitglied im Legal Team, im weiteren Verlauf der Pressekonferenz zum Besten gab.

Die manipulierten Wahlmaschinen und die Software gehören laut ihren «Ermittlungen» den Venezolanern und seien einst erfunden worden, damit Chávez und Maduro ihre Wahlen «stehlen» – also fälschen – konnten. Weiter will Powell wissen, dass die Stimmen vom 3. November ausser Landes an Server in Europa geschickt worden seien, wo man noch mehr an ihnen «herumfummeln» konnte. Anschliessend hätten US-Streitkräfte einen Server in Deutschland beschlagnahmt, der weitere Beweise für den Betrug enthalten haben soll. Powell wusste das Ganze blumig auszuschmücken, schadete dem Anliegen der Trump-Anhänger damit aber einmal mehr, als dass es auch nur im Geringsten nützte.

Überzeugt hätten die Anwälte bei der Pressekonferenz mit den etwa eintausend eidesstattlichen Erklärungen. Sollten die alle überprüfbar sein, könnten sie damit beweisen, dass Wahlmaschinen und Software gezielt manipuliert wurden und dass die per Post zugesandten Stimmzettel bei Bedarf als «Backup» vorgesehen waren.

Damit hätten Trumps Juristen «ihrer Sache» möglicherweise einen guten Dienst erwiesen. So hingegen endete alles in abstrusen Theorien, die den Medien das nötige Futter zum Bashing boten.

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Update 27. November 2020 - 12.00 Uhr

Wie einige Medien gestern in den späten Abendstunden berichteten, wurde die Zulassung der Wahlergebnisse in Pennsylvania durch die Intervention einer Richterin vorläufig blockiert.

«Commonwealth-Richterin Patricia McCullough wies die Regierung des Bundesstaates an, keine weiteren Schritte zu unternehmen, um die Zertifizierung des Präsidentschaftswahlkampfes abzuschliessen, die der Bundesstaat am 24. November bekannt gegeben hatte. Sie blockierte auch die Bestätigung aller anderen Wahlergebnisse.»

Zuvor müsse eine Beweisanhörung stattfinden. McCullough führt den Vorsitz bei der Klage der republikanischen Abgeordneten und Kandidaten.

Am Tag zuvor hatte der Senat des US-Bundesstaates Pennsylvania in Gettysburg eine öffentliche Anhörung zu den Wahlunregelmässigkeiten abgehalten. Rudolph Giuliani und weitere Anwälte legten ihre Beweise vor, Abgeordnete und Zeugen aus Pennsylvania schilderten ihre Fälle ausführlich.

Eine kurze Zusammenfassung ist dem Video zu entnehmen (gleich zu Beginn im ersten Beitrag – 4 Minuten Länge).

26. November 2020
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