Daraufhin melden sich zahlreiche Stimmen zu Wort, viele Verbände und politische Parteien reagieren und organisieren sich. Auf Instagram kursiert folgende Antwort der grünen Bundesabgeordneten Séverine de Laveleye:
Sehr geehrter Herr Minister,
diese Woche hat mein 17-jähriger Sohn, wie 149 999 andere Jugendliche seines Alters, Ihr Schreiben erhalten, in dem er zum freiwilligen Militärdienst eingeladen wird.
Ich verheimliche Ihnen nicht, dass es mich als Mutter und Bürgerin zumindest beunruhigt, wenn mein Kind ein Schreiben erhält, in dem es zum Fahnendienst aufgefordert wird.
Abgesehen davon, dass Sie einen Weg gefunden haben, das Urteil der Datenschutzbehörde zu umgehen, und Sie sich direkt an Minderjährige wenden, ist Ihr Vorgehen in mehrfacher Hinsicht problematisch.
Sie sagen, die internationale Lage erfordere es, dass wir «vorbereitet und handlungsfähig» sind. Es stimmt: wir, und vor allem unsere Jugendlichen, sind mit einer Welt konfrontiert, die von vielfältigen Krisen geprägt ist – geopolitischen, klimatischen, sozioökonomischen, demokratischen… Es ist daher sicherlich sehr wünschenswert, dass die Regierung sich darum kümmert, dass sie (und wir) «vorbereitet» sind. Es ist jedoch betrüblich, dass eine Regierung, die Sparmassnahmen befürwortet und drastische Kürzungen in den Bereichen Sozialversicherung, Gesundheit, Kampf gegen die Klimakatastrophe und andere staatliche Massnahmen vornimmt, die für die Zukunft unserer Kinder doch so wichtig sind, sich nur wegen deren militärischer Laufbahn an sie wendet.
Aber diese für unsere Jugendlichen ohnehin schon beunruhigende Lage zu nutzen, um ihnen Ihre militaristische Lösung zu vermitteln, ist eine Form von nicht hinnehmbarer Kriegspropaganda.
Sie vermerken, dass dieses Engagement «aktiv zur Zukunft unseres Landes beitragen» und «Kompetenzen entwickeln wird, die ihnen ihr ganzes Leben lang nützlich sein werden». Als Elternteil ist es mein grösster Wunsch, dass meine Kinder ihre Kompetenzen entwickeln und einen effektiven Beitrag zu einer gerechten und nachhaltigen Gesellschaft leisten. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie der Staat diese Art von Berufung fördern kann. Beispielsweise durch einen Bürgerdienst, dessen Einführung auf Bundesebene Ihre politische Partei jedoch beschlossen hat, zu streichen … um dann zynischerweise einige Monate später mit einem Militärdienst zurückzukommen … was für eine Botschaft!*
Als mein Sohn Ihren Brief las, sagte er: «Was ist das für ein Land, in dem von den Lehrer mehr Arbeit ohne zusätzliche Bezahlung verlangt wird, das aber dafür bezahlt, uns zur Armee zu schicken?» Sicherlich ist er kein grosser Experte für die Verteilung der Kompetenzen in unserem Land, aber seine Botschaft ist klar. Es ist die Botschaft einer Jugend, die über die Zukunft, über eine Vielfalt von Möglichkeiten und über Hoffnung sprechen möchte und sich weigert, Zielscheibe einer kriegerischen Agenda zu sein.
Sie sorgen sich um die Zukunft dieses Landes und seiner Jugend? Dann schlage ich Ihnen bescheiden vor, in öffentliche Dienste zu investieren, die sie vorbereiten und schützen. Und lassen Sie sie in der Zwischenzeit ohne Ihre Einmischung selbst entscheiden, wie sie zu einer gerechteren und nachhaltigeren Gesellschaft beitragen wollen, in der sie sich entwickeln können!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit,
Eine Mutter
*Anmerkung der Redaktion: «Die Abschaffung des Bürgerdienstes ist das Ergebnis einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nach einer Nichtigkeitsklage der flämischen Regierung, der drei Parteien der mehrheitlich vertretenen Arizona-Koalition angehörten. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Regionen hätte diesen Zwischenfall vermeiden können und müssen, der sich genau zu dem Zeitpunkt ereignete, als die Kammer über das Gesetz zum freiwilligen Militärdienst abstimmte.»
Weiterführende Informationen: Memorandum und Veröffentlichung des versendeten Schreibens https://www.courrierinternational.com/article/militarisation-dans-une-lettre-l-armee-propose-aux-belges-de-17-ans-une-annee-de-service-volontaire_237530
Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Christine Richter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!