Chapeau! – fürs Ghost Festival

Ein Festival, das nicht stattfand, hat mehr als 1,3 Millionen Franken eingebracht. Tausende von Menschen haben die Aktion mit einem Ticketkauf unterstützt – der Gewinn wurde auf die 297 mitwirkenden Bands aufgeteilt.

© Ghost Festival

So etwas hat die Welt noch nicht gesehen: Mehr als 20'000 Menschen haben ein Ticket für ein Festival gekauft, von dem sie von Vornherein wussten, dass es nicht stattfinden wird. Mit von der Partie waren 297 Bands aus allen vier Sprachregionen der Schweiz, die nicht aufgetreten sind, darunter bekannte Grössen wie Züri West, Stephan Eicher, Michael von der Heide, Steff la Cheffe oder Vera Kaa.

Das Ghost Festival war eine Solidaritätsaktion für Schweizer Musikschaffende, die wegen den Corona-Massnahmen seit letztem Jahr nicht auftreten konnten. Der Gewinn von mehr als 1,3 Millionen Franken wurde zu gleichen Teilen auf die mitwirkenden Bands aufgeteilt. 40 der insgesamt 1297 Bandmitglieder – darunter auch FahrerInnen und TechnikerInnen – verzichteten auf ihre Gage.

Organisator des Ghost Festivals war der eigens gegründete Verein Ghost Club, ein Kollektiv aus Kulturschaffenden und KulturliebhaberInnen, die die Schweizer Musikbranche unterstützen wollten. Der Verein arbeitete ausdrücklich nicht gewinnorientiert und hat seine Schlussbilanz mit einer runden Null abgeschlossen. Laut Website des Ghost Festivals haben die Mitwirkenden insgesamt 3'300 Stunden Arbeit geleistet, davon 713 gratis.

Ein Nebenprodukt des Festivals ist die CD «Ghost Orchestra», auf dem 187 der mitwirkenden Bands vertreten sind – nicht mit ihren Songs, wie man vermuten könnte, sondern mit ihrem ureigenen Geistersound. Der Nettoerlös von über 17’000 Franken wurde an die NGO Surprise gespendet, die sozial benachteiligte Menschen in der Schweiz unterstützt und unter anderem das «Strassenmagazin Surprise» herausgibt.

Die Organisatorinnen und Organisatoren des Ghost Festivals ziehen eine enthusiastische Bilanz – nicht nur finanziell. «Die grosse Solidarität der FestivalbesucherInnen und UnterstützerInnen sowie der beteiligten Musikschaffenden liess ein Gemeinschaftsgefühl entstehen, das in Zeiten wie diesen nötiger denn je ist», schreiben sie auf ihrer Website. «Das Ghost Festival hat einen Dialog in der Gesellschaft angestossen und diente als Quelle der Inspiration für andere ähnliche Aktionen. Der Beweis, dass Solidarität weitere Solidarität schafft.»

Wir ziehen den Hut vor allen, die das Ghost Festival möglich gemacht haben. Es zeigt, dass auch in Krisenzeiten – vielleicht gerade dann – durch Kreativität und Solidarität schwierige Situationen gemeistert werden können. Auf dass wir bald wieder Live-Konzerte besuchen können!

23. April 2021
von: