Corona, der Elefant im Wohnzimmer – ein Prüfstein für Beziehungen

Corona ist wie Zucker – überall ist es drin, obwohl man das gar nicht will. Man weiss nicht, wie es gekommen ist, aber jetzt ist es da, und wir müssen damit leben. In jeder Beziehung und in jedem Kontakt ist mindestens eine kleine Prise Corona enthalten. Wie gehen wir damit um?

(Foto: Marek Studzinski / unsplash.com)

Am SBB Schalter, in der Schule, bei der Arbeit und in den privaten Beziehungen: Corona ist dabei. Wie ein Elefant im Wohnzimmer dominiert Corona alles; egal ob wir es ansprechen oder das Thema vermeiden. Viele Fronten sind verhärtet und Anfeindungen schleichen sich ein. Der Umgang im Miteinander wird zu einer Herausforderung.

Natürlich kann man sich anpassen, die erlaubte Meinung übernehmen, und dann ist vieles einfacher. Was aber, wenn man dennoch selbst denken möchte; wenn man Fragen hat, über die man in einem offenen Diskurs sprechen will; wenn man Widersprüche entdeckt, die einem Unbehagen bereiten? Mittlerweile weiss man, wer wie denkt und mit wem man welche Themen besprechen kann und welche eben nicht. Aber ist das eine Lösung?

Manchmal ist Ausweichen eine Lösung, aber nicht immer. Es gibt Menschen, die einem wichtig sind, und dann möchte man mit diesen Menschen im Kontakt sein und bleiben, auch wenn man nicht in allen Bereichen einer Meinung ist.

Und dann gibt es auch die Kontakte, die man nicht auswählen kann, z.B. bei der Arbeit. Und: Vielleicht möchte man dazu beitragen, dass auch Corona und der Umgang damit, wie andere Themen auch, in Gespräche einfliessen darf, ohne dass ein Kontaktabbruch oder ein gesellschaftlicher Ausschluss drohen.

Ein bewusster Umgang mit unseren Mitmenschen und der eigenen Kommunikation ist unumgänglich. Ein aufmerksamer und bewusster Umgang erlaubt es, zu entscheiden: Wo halte ich mich zurück und wann will ich ein Thema bewusst ansprechen, von dem ich weiss, dass die eigene Meinung nicht dem Mainstream entspricht.

Klare Entscheidungen und eine klare Kommunikation sind schwieriger aber gleichzeitig auch viel wichtiger geworden: Was will ich? Was will ich nicht? Was ist mir egal? Und wie finde ich heraus, was für mich stimmt?

Und wie gehe ich damit um, wenn meine Anliegen in Konflikt mit Anliegen von Anderen geraten? Mit dieser Klarheit öffnet man gleichzeitig das Tor zur Polarisierung, und das kann Angst auslösen: Was, wenn die Widersprüche nicht überbrückt werden können? Wie finden wir einen Lösungsraum?

Gespräche unter Corona können spannungegeladen bis hin zu unmöglich sein. Wie in dem berühmten Buch «Männer sind vom Mars, Frauen sind von der Venus» entsteht der Eindruck, man sei von einem anderen Planeten und jeder Versuch einer Kommunikation könne nur misslingen, sodass wir schliesslich aufgeben, bevor wir es versuchen. Die Selbstzensur beginnt.

Der Kurs «Corona Dialoge» setzt dort an, wo es sonst nicht mehr weiter geht. Kommunikation ist mehr als Worte. Es geht auch um Gefühle, die sich nonverbal ausdrücken, bevor das erste Wort gesprochen ist. Die Art, wie sich unsere Blicke begegnen, wie wir einen Raum durchschreiten, und die Intonation des Gesprochenen, transportiert eine Aussage. Das sind Kleinigkeiten, über die wir in der Regel locker hinwegsehen können.

Doch wenn die Spannung steigt, bekommen diese Kleinigkeiten ein Gewicht auf der Goldwaage. Sie beeinflussen den Verlauf von Gesprächen stärker als der sachliche Inhalt der Worte, und stärker als uns lieb ist. «Corona Dialoge» bietet einen geschützten Raum, in dem kritische Situationen ausprobiert und variiert werden können.

Es gibt keine allgemeingültigen Rezepte oder Lösungen nach dem Muster: Einmal darüber wischen, und das Problem ist gelöst. Das Einzige was bleibt, ist die Chance zu nutzen, an den Situationen zu wachsen, einen Umgang damit zu entwickeln, sodass Wertschätzung für sich selbst und für Andere aufrechterhalten werden kann und womöglich Türchen und Tore zu gemeinsamen Lösungsräumen offenbleiben oder geöffnet werden.

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«Corona Dialoge» ist ein Angebot des Vereins Friedensprozesse. Die Kurse sind zu finden unter www.Friedensprozesse.ch.

Die nächsten Daten, jeweils ganztags:
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Kurskosten: Fr. 150.-

Die Kursleiter:
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Dr. Kai von Massenbach (*1967) studierte Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen (HSG) und Psychologie an der University of Athens (USA) und an der Universität Zürich. Von 1994 bis 1997 arbeitete er am Institut für Suchtforschung und erlangte im Jahr 2000 seinen Doktorgrad (PhD) an der Universität St. Gallen. In seiner Dissertation hat er sich eingehend mit Fragen der Stressverarbeitung im Arbeitskontext befasst. Seit kurzem führt er einen eigenen Blog.