Das öffentliche Schweigen der Kirchen zum Sterben in Corona-Zeiten
Corona böte den Kirchen eine gute Gelegenheit, ihren Mitgliederverlust zu stoppen. Angesichts des massenhaft prognostizierten Sterbens sollten sie sich zum Thema «Tod» in die öffentliche Diskussion einbringen.
Wann könnte es treffender sein, substanziell über Vergebung, Versöhnung, Vergeltung, Himmel und Hölle zu sprechen, als in einer Zeit der massenhaften Angst vor dem Sterben? Doch diesbezüglich herrscht bei den Protestanten fast durchwegs öffentliche Stille.
Auch bei den Katholiken ist es verdächtig ruhig. Allen voran scheint Papst Franziskus, der sonst gerne griffige Statements abgibt, von ernster Zurückhaltung befallen zu sein. Was hindert ihn daran, der Welt nun lautstark die «Freude des Evangeliums» zu bringen, wie er es 2013 in seinem apostolischen Schreiben «Evangelii gaudium» forderte?
Von den Freikirchen ist man sich gewohnt, dass sie sich kaum am öffentlichen Gang der Dinge beteiligen. Der pietistische Teil sucht mit wenigen Ausnahmen das Heil hinter Kirchenmauern; in sicherer Distanz zur «sündigen» Gesellschaft. In den eigenen Reihen gibt es vielleicht klare Weisung. Prophetische Mahnung hingegen, die der politischen Elite öffentlichen Widerstand entgegensetzt, gibt es kaum.
Der andere Teil der Freikirchen definiert sich zunehmend liberal. Sie folgen dem schlechten Vorbild der Reformierten und gestalten ihr kirchliches Leben immer mehr gemäss den Forderungen gesellschaftlicher Konformität. Ihre Fahnen werden im Übermass vom Mainstream bewegt. Politischer Widerstand kommt nur in Frage, wenn man sich im Schutze einer grossen gesellschaftlichen Strömung sieht. So gibt»s auch von den Freikirchen kein radikales öffentliches Wort zum Thema «Tod und Ewigkeit».
Kirche und Politik: mit Dummheit geschlagen
Moses, der Hirte und Prophet des Volkes Israel, betete: «Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden» (Psalm 90,12). Ein Volk, das den Tod verdrängt, verdummt. Eine Politik, die das Ableben der Menschen um jeden Preis verhindern will, verfällt in einen Taumel aus kalter Sprachlosigkeit und unsinnigen, entmündigenden, schädigenden Massnahmen.
Das Durchschnittsalter der in der Schweiz an Covid-19 Verstorbenen beträgt inzwischen 86 Jahre! 97% hatten eine Vorerkrankung! Und noch immer gibt es keine umfassende öffentliche Diskussion darüber, wie gelassenes Sterben zum rechten Zeitpunkt gelingt.
Verantwortlich für dieses Defizit sind aber nicht in erster Linie die Kirchen, sondern der Bundesrat. Es ist erste Pflicht der Landesregierung, den öffentlichen Diskurs zu gestalten. Der Bundesrat darf das Feld weder den alarmistischen Medien noch den mundtoten Kirchen überlassen.
Die Regierung hat irrende und manipulative Stimmen öffentlich zu kritisieren und zu widerlegen. Der Bundesrat hat dafür zu sorgen, dass auch ausbleibende und/oder geächtete Stimmen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Die Regierenden können somit nur ermutigt werden, sich eine gefestigte Meinung zu Tod und Ewigkeit zuzulegen, um nicht selber der Angst und der fehlenden Klugheit unterworfen zu sein. Danach können sie dem Schweizer Volk eine verlernte Kunst beibringen: die Kunst des Sterbens (ars moriendi). Dann kann unser Volk aus der Angstpandemie befreit werden, wieder gesunden und gedeihen.
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Daniel Regli ist promovierter Historiker und als freier Publizist tätig. Er ist reformiert, engagiert in einer Freikirche, Organisator des Marschs für das Leben und Gründer des Bürgerforums Schweiz.
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