Geschichten vom Fliehen und Bleiben

Berichte von Menschen, die aus ihrer Heimat flohen –
oder sich trotz aller schrecklichen Umstände entschlossen haben, zu bleiben.
Osman aus Eritrea

«Ich arbeite bei der Partei «Eritrean National Salvation Front» und bei der Organisation «Eritrean Youth Movement for Change in Switzerland». Wir organisieren Demonstrationen in Genf vor dem UNO-Gebäude.


Viele Eritreer flüchten auch vor dem unverhältnismässigen Militärdienst. Offiziell dauert er zwei Jahre für alle Männer und alle kinderlosen Frauen. Meist aber viel länger, auch zehn oder zwanzig Jahre. Seit zwei Jahren müssen auch 40- und 50-jährige wieder Militärdienst leisten – alles ohne Lohn. Wenn mal kein Krieg ist, müssen die Leute Strassen bauen von Hand oder in Minen arbeiten, ebenfalls ohne Lohn. Viele Soldatinnen werden von Offizieren vergewaltigt und werden schwanger. Die Fälle kommen nie vor ein Gericht. Auch die nationalen Medien sind dem Präsidenten untergestellt. Niemand kann ohne Bewilligung der Polizei von einem Ort zum andern reisen. Es fehlt an Schulen und Spitälern. Die Universität ist geschlossen. Es gibt kein Parlament, keine Verfassung, keine Parteien, keine Abstimmungen und keine Wahlen, nur den Präsidenten. Das ganze Land ist ein Gefängnis.


Früher flüchteten 20-jährige, heute machen sich schon 14-jährige auf den Weg. Das Land vor der Grenze zu Äthiopien ist vermint, um Flüchtlinge aufzuhalten. An der Grenze zum Sudan verschwinden viele junge Eritreer. Sie werden von mafiösen Organisationen entführt und umgebracht. Herz, Nieren oder Netzhaut werden im Organhandel verkauft. Auch viele Kinder in sudanesischen Flüchtlingslagern verschwinden auf diese Art.»

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16. November 2015
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