Hefeextrakt & Glutamat: natürlich ist anders

Natriumglutamat, kurz Glutamat macht fades Essen schmackhaft, hat aber zu Recht einen schlechten Ruf. Darum schleusen viele Hersteller einen natürlich anmutenden Ersatz durch die Hintertür ein: Hefeextrakt. Dieser ist weniger harmlos, als er auf den ersten Blick scheint.

Seit der industriellen Herstellung von Essen ist das künstliche Glutamat aus der Welt der Fertigprodukte nicht mehr wegzudenken. Besonders Bouillon-Würfel, Maggi-Würze und Fertigsuppen sind voll davon. Der leicht salzige Fleischgeschmack wird in Japan ‹umami› genannt und bedeutet ‹wohlschmeckend›. Als Glutaminsäure ist er in kleinen Mengen in Lebensmitteln wie Tomaten und Käse vorhanden. Auch in der Muttermilch ist diese Säure zu finden. So ist es verständlich, dass der Mensch darauf steht und sich die Lebensmittelindustrie dies zunutze macht. Im Gehirn ist die Glutaminsäure ein Neurotransmitter, der wie Rauschgift besonders anregend auf Nervenzellen wirkt.

‹Umami› lässt uns aber nicht nur das Wasser im Mund zusammen laufen, über die Schleimhäute setzt er auch Synapsen ausser Gefecht. Wenn künstliches Glutamat in die Schaltzentrale gerät, wird der Informationsaustausch stillgelegt. Die Schaltzentrale kann kein Sättigungsgefühl mehr weiterleiten, deshalb werden Chips-Packungen nicht mehr aus der Hand gelegt, bis alles aufgefuttert ist. Auch die Wissenschaft vertritt mittlerweile die Meinung, dass Glutamat eine der Hauptursachen der Überfettung ist. (Eine ähnliche Wirkung hat auch die simple Kombination: Salz-Zucker-Fett. Sie kommt nach ihrem Erfolg in den USA auch immer häufiger bei uns vor.) Für die Lebensmittelindustrie ist Glutamat, das sich hinter allen 600-E-Nummern verbirgt, ein wahrer Goldesel: Geschmacklose Lebensmittel werden damit künstlich aufgepeppt und es den Verkauf minderwertiger Produkte ankurbelt. Wer zuviel davon abbekommt (Experten sprechen von Mengen ab 5g) leidet unter dem ‹China-Restaurant-Syndrom›, was sich in Migräne, Ausschlägen, Herzklopfen und Übelkeit äussern kann.

Der Teufel liegt wie immer im Detail
Ob und wie stark auch Glutamat die genannten Krankheitssymptome auslöst und Neurotransmitter verstopft, ist noch zu wenig untersucht. Aber die Aminosäuren des Hefeextraktes werden in Kombination mit Salz im Essen vom Körper ebenfalls in Glutamat umgewandelt. Das Gros der Hersteller, die Hefeextrakt verwenden behauptet, der Extrakt habe einen Eigengeschmack und sei somit kein Geschmacksverstärker und falls doch, dann ein natürlicher. Natürlich oder nicht: Etwa 90% der mit dem Label «Ohne Geschmacksverstärker» beschrifteten Produkte enthalten Hefeextrakt.

Bei der Herstellung kommen zwei Verfahren zum Einsatz: die aggressivere Säurehydrolyse (z.B. bei Morga) oder die Autolyse (z.B. bei Rapunzel). Auch der Nährboden der Hefe kann völlig unterschiedlich sein, so werden Rübenmelasse, Weizen, Soja und Mais dafür verwendet. Morga lässt bei der Züchtung die Hefe mit Mineralsalzen und Vitaminpräparaten versetzen. Hefeextrakt-Pulver in verarbeiteten Produkten etwa so natürlich wie eine Schokoladen-Marzipan-Torte und auch der Effekt auf den Hüftumfang ist wohl vergleichbar. Es solle beim Thema nicht übertrieben werden, so Sigrid Barry, Leiterin des Produktmanagements von Rapunzel: «Es gibt weit wichtigere Themen in der Lebensmittelindustrie, die angegangen werden müssen. Wir deklarieren alles genau und wer kein Hefeextrakt möchte, findet Ersatzprodukte im Sortiment.» Dazu muss der Konsument die Zutatenliste aber genau lesen.

Zurzeit liegen kaum Studien über die Wirkung von Hefeextrakt vor, darum verzichten ein paar Hersteller von Bio-Produkten, darunter Demeter, Gebana, Uradix und Vita-naturalis gänzlich auf den Geschmack verstärkenden Hefeextrakt. Die Geschäftsleiterin von Demeter Schweiz, Susanna Küffer, erklärt, Demeter International habe den Extrakt bereits im Jahr 2004 aus ihren Produkten verbannt. Die Herstellung von Hefeextrakt sei zu intransparent und die Sicherheits- sowie Qualitätsstandards seien beim Verfahren nicht gewährleistet. Wer auf der sicheren Seite sein will, lässt vorerst die Hände vom Hefeextrakt oder noch besser: Man verzichtet generell auf maschinell verarbeiteten Produkte und kocht mit frischen Zutaten.

Würzen ohne Hefeextrakt:

http://www.vita-naturalis.de/index.php?cPath=40_41
http://www.uradix.ch/_index.php?sub=73&sub0=434



31. Dezember 2010
von: