Ist die Gentechnik rechtswidrig?
Ein Strafprozess in Giessen könnte diese Frage auf bemerkenswerte Weise klären. Angeklagt sind vier FeldbefreierInnen. Zittern aber müssen eher die Betreiber eines gentechnischen Versuchsfeldes – und Bayer, Monsanto & Co.
Am 2. Juni 2006 gelangten vier Personen auf das Versuchsfeld mit transgener Gerste in Giessen. Dass ihnen dieses Kunststück trotz vorheriger Ankündigung und intensiver Polizeibewachung gelang, ist eine der Besonderheiten des Konfliktes zwischen Gentechnik-BefürworterInnen und den GegnerInnen der DNA-Manipulationen auf den Feldern. Bedeutender könnte eine andere werden: Den FeldbefreierInnen, wie sie sich selbst nannten, ging es nämlich nicht nur um die Beendigung der Freisetzung manipulierter Pflanzen, sondern darum angeklagt zu werden. «Nur dann kann endlich geklärt werden, ob die Gentechnik überhaupt rechtmässig ist», formulierten sie dieses zusätzliche Motiv.
Nun ist es soweit. Im April 2008 sollen die AktivistInnen vor Gericht gestellt werden. So bunt diese vierköpfige Gruppe aus verschiedenen Städten und von der Studentin bis zum Rentner ist, so brisant sind die Fragen, die sie stellen und klären wollen: «Können einmal ausgebrachte Gensequenzen unter Kontrolle gehalten werden? Ist die gesetzlich vorgeschriebene Koexistenz zwischen gentechnischer und gentechnikfreier Landwirtschaft gewährleistet? Stellt die Gentechnik einen Verstoss gegen naturschutz- und grundrechtliche Vorgaben dar? Wurde beim konkreten Versuch geschummelt, gelogen und nachlässig gearbeitet?»
Der Giessener Prozess kann eine bisher einmalige Verdichtung der Debatten um Risiken der Gentechnik, der mit ihrer Anwendung verbundenen Steigerungen von Abhängigkeiten und Machtverhältnissen sowie der Frage von Koexistenz und des Schutzes konventioneller und ökologischer LandwirtInnen, ImkerInnen und PflanzenzüchterInnen bewirken. Zudem spricht viel dafür, dass es noch um mehr gehen könnte – um die Glaubwürdigkeit der Gentechnikforschung in Giessen und überall. Mit Prof. Kogel tritt ein sich seriös gebender Gentechnikforscher in den Zeugenstand, zudem weitere Personen aus der Versuchsleitung. Die Angeklagten wollen zudem die Verantwortlichen der Genehmigungs- und Überwachungsbehörden hören, Sachverständige laden und Gutachten zur Frage der Rechtmässigkeit einfordern. «Der bisherige Verlauf vieler Versuche deutet an, dass hinter der Fassade von Biosicherheitsforschung und moderater Sprache verschleierte wirtschaftliche Interessen, Täuschung der Öffentlichkeit und viel Pfusch in der Anwendungspraxis stehen», werfen die Angeklagten den Versuchsbetreibern vor – unter anderem dem Team um Prof. Karl-Heinz Kogel aus Giessen. Allein für die Universität Giessen geht es um viel, denn sie führt neben dem Gerstenversuch noch zwei Sortenprüfungen mit Mon810-Mais in Rauischholzhausen und Gross-Gerau durch, zudem ist sie am umstrittenen Weizenversuch in Gatersleben beteiligt. Ob oder wo was verschwiegen, getäuscht oder gar gelogen wurde, könnte der bevorstehende Gerichtsprozess klären. Am 7. April treffen sich die KontrahentInnen das erste Mal im Amtsgericht Giessen. Weitere Termine sind für den 14. und 28. April vorgesehen.
Rundherum planen die AktivistInnen ein Programm von Veranstaltungen und Aktionen, darunter als Höhepunkt eine Demonstration gegen die Gentechnik am Montag, 7. April, ab 17 Uhr in Giessen. Vom Startpunkt am Amtsgericht soll es zum beteiligten Regierungspräsidium, zum Uni-Hauptgebäude und zum umstrittenen Gerstenfeld gehen. Öffentlich sind aber auch die Gerichtsprozesse – und zudem spannender als jede bisherige Diskussionsveranstaltung. Denn die GentechnikforscherInnen treten als ZeugInnen an. Dort werden sie von den Angeklagten und Anwälten befragt. Das Gesetz schreibt vor, dass sie die Wahrheit sagen müssen. Sonst droht ein viertel Jahr Mindest-Haftstrafe. Darum hoffen die Angeklagten und ihre UnterstützerInnen, viele Hintergründe des Gerstenversuches und der Ziele von Agrar-Genforschung aufdecken zu können.
Mehr Informationen unter www.gendreck-giessen.de.vu
Hintergrundmaterial:
www.projektwerkstatt.de/gen/downloads/pm23_2_08.pdf
Quelle:
www.projektwerkstatt.de
Am 2. Juni 2006 gelangten vier Personen auf das Versuchsfeld mit transgener Gerste in Giessen. Dass ihnen dieses Kunststück trotz vorheriger Ankündigung und intensiver Polizeibewachung gelang, ist eine der Besonderheiten des Konfliktes zwischen Gentechnik-BefürworterInnen und den GegnerInnen der DNA-Manipulationen auf den Feldern. Bedeutender könnte eine andere werden: Den FeldbefreierInnen, wie sie sich selbst nannten, ging es nämlich nicht nur um die Beendigung der Freisetzung manipulierter Pflanzen, sondern darum angeklagt zu werden. «Nur dann kann endlich geklärt werden, ob die Gentechnik überhaupt rechtmässig ist», formulierten sie dieses zusätzliche Motiv.
Nun ist es soweit. Im April 2008 sollen die AktivistInnen vor Gericht gestellt werden. So bunt diese vierköpfige Gruppe aus verschiedenen Städten und von der Studentin bis zum Rentner ist, so brisant sind die Fragen, die sie stellen und klären wollen: «Können einmal ausgebrachte Gensequenzen unter Kontrolle gehalten werden? Ist die gesetzlich vorgeschriebene Koexistenz zwischen gentechnischer und gentechnikfreier Landwirtschaft gewährleistet? Stellt die Gentechnik einen Verstoss gegen naturschutz- und grundrechtliche Vorgaben dar? Wurde beim konkreten Versuch geschummelt, gelogen und nachlässig gearbeitet?»
Der Giessener Prozess kann eine bisher einmalige Verdichtung der Debatten um Risiken der Gentechnik, der mit ihrer Anwendung verbundenen Steigerungen von Abhängigkeiten und Machtverhältnissen sowie der Frage von Koexistenz und des Schutzes konventioneller und ökologischer LandwirtInnen, ImkerInnen und PflanzenzüchterInnen bewirken. Zudem spricht viel dafür, dass es noch um mehr gehen könnte – um die Glaubwürdigkeit der Gentechnikforschung in Giessen und überall. Mit Prof. Kogel tritt ein sich seriös gebender Gentechnikforscher in den Zeugenstand, zudem weitere Personen aus der Versuchsleitung. Die Angeklagten wollen zudem die Verantwortlichen der Genehmigungs- und Überwachungsbehörden hören, Sachverständige laden und Gutachten zur Frage der Rechtmässigkeit einfordern. «Der bisherige Verlauf vieler Versuche deutet an, dass hinter der Fassade von Biosicherheitsforschung und moderater Sprache verschleierte wirtschaftliche Interessen, Täuschung der Öffentlichkeit und viel Pfusch in der Anwendungspraxis stehen», werfen die Angeklagten den Versuchsbetreibern vor – unter anderem dem Team um Prof. Karl-Heinz Kogel aus Giessen. Allein für die Universität Giessen geht es um viel, denn sie führt neben dem Gerstenversuch noch zwei Sortenprüfungen mit Mon810-Mais in Rauischholzhausen und Gross-Gerau durch, zudem ist sie am umstrittenen Weizenversuch in Gatersleben beteiligt. Ob oder wo was verschwiegen, getäuscht oder gar gelogen wurde, könnte der bevorstehende Gerichtsprozess klären. Am 7. April treffen sich die KontrahentInnen das erste Mal im Amtsgericht Giessen. Weitere Termine sind für den 14. und 28. April vorgesehen.
Rundherum planen die AktivistInnen ein Programm von Veranstaltungen und Aktionen, darunter als Höhepunkt eine Demonstration gegen die Gentechnik am Montag, 7. April, ab 17 Uhr in Giessen. Vom Startpunkt am Amtsgericht soll es zum beteiligten Regierungspräsidium, zum Uni-Hauptgebäude und zum umstrittenen Gerstenfeld gehen. Öffentlich sind aber auch die Gerichtsprozesse – und zudem spannender als jede bisherige Diskussionsveranstaltung. Denn die GentechnikforscherInnen treten als ZeugInnen an. Dort werden sie von den Angeklagten und Anwälten befragt. Das Gesetz schreibt vor, dass sie die Wahrheit sagen müssen. Sonst droht ein viertel Jahr Mindest-Haftstrafe. Darum hoffen die Angeklagten und ihre UnterstützerInnen, viele Hintergründe des Gerstenversuches und der Ziele von Agrar-Genforschung aufdecken zu können.
Mehr Informationen unter www.gendreck-giessen.de.vu
Hintergrundmaterial:
www.projektwerkstatt.de/gen/downloads/pm23_2_08.pdf
Quelle:
www.projektwerkstatt.de
23. Februar 2008
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