Januar

Viel Wind in der Bahnhofstrasse.
Ernst hält dagegen und geht weiter. Sein alter Kollege Stefan kommt aus der Gegenrichtung. Hallo, wie geht’s? Dem Stefan prächtig, beruflich und privat, er prosperiert, die Kinder gedeihen.

Und du? - Ja, was meinst du: Wir lassen uns von den Konzernen ausnehmen und in die wirtschaftliche, soziale und ökologische Katastrophe reiten. Wir sollten uns endlich zusammentun und ihnen das Wasser abgraben. Für mich als Freischaffenden gibt’s immer weniger Arbeit, und die wird immer schlechter bezahlt.

- Ah, geht’s dir beruflich nicht so gut.

So hat er’s nicht gemeint. Ernst will weder Mitleid noch einen Trostpreis. Wird er nicht zum Working Poor oder fällt nicht aus dem Erwerbsleben, erwischt es einen anderen.

Copyright Damian Bugmann, db 1/09




Februar

Küre kommt vom Zug und will z’Märit. Heut geht er für einmal nicht direkt zum Marktplatz, sondern nimmt aus unerfindlichen Gründen einen anderen Weg. Eine ganz andere Gegend. Da ist ein Haus, abgerissen, gegenüber ein blau gestrichener Laden: „Kunstmausoleum“.

Aha, denkt er, Kunst. Die Leute in der Stadt reden doch so viel davon. Jetzt will er selber sehen, was das ist, und tritt ein. Sind das Bilder? Auf denen sieht’s ja aus wie in überfüllten Küchen, Badezimmern, Kitschwohnstuben und Kinderzimmern. So viel Ramsch, Zahnbürsten, Plasticcowboys und Babyarme. Davon hat Küre zu Hause selbst alle Abfallkübel und die Nase voll.

Da kommt ein Junger herein, „grüessech!“. Schaut sich um, sagt: „Gell, Alter, Konsumgesellschaft, Warenüberfluss. Täuschung, Blendwerk, Billigware. Kriegsspielzeug und Plastic-Zombies!“

„Jawohl!“, ruft Küre, „Kitsch, Schund und Bigotterie. Profi-Schwindler, Abfallstrand. Zehnerdübel, Eierbecher zum Erbrechen. Hohle Köpfe noch und nöcher!“

Copyright db 4/88
30. Januar 2009
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