Lesen ist ein subversiver Akt

In Biel wird am 15. Mai die libertäre Buchmesse eröffnet

«Die Schule und die Barrikade» – unter diesem Titel wird Marianne Enckell am 15. Mai eine ganz besondere Buchmesse eröffnen, die «Anarchistische Buchmesse». Die Referentin gilt als Grande Dame der libertären Bewegung und ist Mitbegründerin der anarchistischen Bibliothek C.I.R.A in Lausanne. Hunderte von BesucherInnen werden erwartet. In ihrem vorab veröffentlichten Referat unterstreicht sie die Wichtigkeit von Literatur, Zeitungen und Bibliotheken für eine Bewegung, deren oberstes Ziel die Freiheit eines jeden ist. Literatur ist zweifelsohne eng mit Subversion verbunden, um überhaupt verstehen und verändern zu können. Exemplarisch soll hier André Bösiger (1913-2005) zitiert werden, Bauarbeiter und Anarcho-Syndikalist in Genf. Er verliess mit 13 Jahren die Schule und verbüsste später eine zweijährige Haftstrafe wegen Militärdienstverweigerung: «Zwei Jahre Gefängnis sind eine lange Zeit. Aber ich hätte noch zwei weitere Jahre gebraucht um alles beenden zu können, was ich zu lesen hatte.»

Während anarchistische Buchmessen in der ganzen Welt stark im Kommen sind, blieb es in den deutschsprachigen Ländern bislang auffällig ruhig. Im Februar 2009 fand zum ersten Mal ein solches Ereignis in Winterthur statt. Der Erfolg der Buchmesse machte eine Fortsetzung fast zwingend. Der zweite Anlauf findet nun in der grössten zweisprachigen Stadt der Schweiz statt und rückt damit näher an die Romandie und Frankreich: Biel/Bienne. Beinahe in den Stammlanden der legendären Fédération Jurassienne gelegen, lebt dort noch heute die libertäre Tradition fort: Trotz der nur 50.000 EinwohnerInnen gibt es hier besetzte Häuser, ein autonomes Jugendzentrum mit mehr als vierzigjähriger Geschichte, den Infoladen «Chat Noir», eine selbst verwaltete Gassenküche mit täglichen warmen Mahlzeiten, eine autonome Druckerei, Gemeinschaftsgärten ... Kurz: ein idealer Ort für eine libertäre Buchmesse!

Die Buchmesse findet am Samstag, 15., und Sonntag, 16. Mai 2010 im «Farelsaal» statt. Erwartet werden über 30 AnbieterInnen anarchistischer Medien. Ein breites Programm mit Vorträgen und Workshops u.a. über Gustav Landauer, Anarchosyndikalismus, Albert Camus und vieles mehr. Ebenfalls wird es Theater, Musik und Kleinkunst geben. Mitorganisator Andreas Kan freut sich über die Vielfalt, die auf der Buchmesse geboten wird: «Sie ist Ausdruck einer bewegten und lebendigen Kultur und Geschichte.»

Ausführliche Informationen: www.buechermesse.ch
05. April 2010
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