Stahlharte Emotionen

Es riecht nach glühendem Eisen, und die sprühenden Funken erinnern an Wunschkerzen. Der Bau von Cheminéeöfen ist ein faszinierendes Handwerk.

Als Christoph Bachmann vor drei Jahren per Zufall ein winziges Chiffre-Inserat entdeckte, ahnte er nicht, dass diese Anzeige sein Leben komplett verändern würde. Damals war er als Betriebsleiter in einem grossen Unternehmen tätig, das Bauteile für Gasturbinen sowie Luft- und Raumfahrt herstellt. «Das Inserat suchte für ein traditionelles Handwerksunternehmen einen Nachfolger», erinnert er sich an den Moment.  «Die Bescheidenheit und der Mut, eine solche Anzeigengrösse zu wählen, hat mich fasziniert.» Christoph Bachmann wollte mehr wissen und sandte seine Bewerbung ein. Kurz darauf meldete sich der Inhaber der Baumann Cheminée-Öfen GmbH im bernischen Steffisburg. Daniel Baumann hatte vor bald vierzig Jahren den Betrieb als Schlosserei gegründet und sich später auf die Produktion von Metall-Cheminéeöfen spezialisiert.

«Als ich hörte, dass das zu verkaufende Handwerksunternehmen Cheminéeöfen herstellt, war ich erst einmal irritiert», erinnert sich Christoph Bachmann. «Ich war im damaligen Unternehmen für ein futuristisches Projekt der Raumfahrt zuständig.» Da schien das Handwerk in weiter Ferne. Doch sein alter Wunsch, selber einmal ein Unternehmen zu führen, änderte seine Prioritäten. «Cheminéebau war für mich fremd, aber in Blechen kannte ich mich aus. Zudem hatte ich mir über Jahre ein grosses Wissen zu optimalen Betriebsabläufen erarbeitet.» Für ihn war wichtig zu wissen, ob das Unternehmen Potential hatte. Bachmann analysierte den Markt. «Ich schrieb mir alle Einzelheiten meiner zukünftigen Branchenpartner auf, lokalisierte sie und prüfte ihr Angebot.» Dabei bemerkte er, dass sich sein zukünftiges Unternehmen in einer spannenden Nische bewegte – das Unternehmen hatte tatsächlich Potential. Den Ausschlag für den Kauf des Unternehmens am 1. September 2016 gab aber das Handwerk. «Meine Wurzeln liegen im Handwerk und ich bin noch heute fasziniert, wenn ich in die Werkstatt komme und sehe, wie die Mitarbeiter gewissermassen mit dem Stahl verschmelzen.»

Bachmann gab sich nur vier Monate Zeit zur Einarbeitung. «Ich lernte beim Zuschauen.» Es war ihm wichtig, dass er vom Verkaufsgespräch bis zur Auslieferung mithalf und jeden Prozess erlebte. 16 Stunden-Tage waren keine Seltenheit. Rückblickend gibt er zu, dass der Kauf des Unternehmens zu schnell erfolgte und viele Details nicht geklärt waren. «Wir schaukelten uns gegenseitig auf und kamen in eine Euphorie.» Jemandem, der in einer ähnlichen Situation ist, würde er mehr Geduld und eine saubere Analyse mit einem Juristen empfehlen. Die eingesparten Kosten hat er stattdessen in einen sanften Umbau investiert. «Ich war mir gewöhnt, dass alle Abläufe zertifiziert und mit neuster Technik ausgestattet waren.» Als erste Massnahme wurde eine neue Lüftung installiert und die vom Schweissen schwarz verfärbten Wände gestrichen. Zudem wurden die Arbeitsplätze der zehn Mitarbeiter individuell optimiert und die Cheminéeöfen-Ausstellung neugestaltet.
Grosse Aufmerksamkeit erhielten die Managementprozesse. «Das bewirkte am Anfang bei den Mitarbeitern grosse Ängste; es wurde mir vorgeworfen, die Firma an die Wand zu fahren.» Er liess sich aber nicht beirren und war überzeugt, das Richtige zu machen.

Was gibt es Schöneres, als sich nach einem Spaziergang durch den nasskalten Herbst mit einem warmen Tee in die warme Stube vor das knisternde Feuer zu setzen! Cheminéeöfen tragen massgebend zum Wohlbefinden bei und sind wichtige Gestaltungselemente in der Innenarchitektur. «Deshalb ist es uns wichtig, dass wir die Kunden kennenlernen und sie uns.» Das gelingt am Besten in der Ausstellung in Steffisburg. Auf zwei Stockwerken stehen neben den selbst produzierten Cheminéeöfen etliche Beispiele von serienproduzierten Öfen anderer Hersteller. «Mit der breiten Cheminéeofen-Kompetenz können wir unsere Kunden optimal beraten und den Kaufprozess mit dem Aufzeigen der Vor- und Nachteile vereinfachen.» So kann der Kunde mit Überzeugung wählen.

Damit sich der Kunde den neuen Cheminéeofen vorstellen kann, nutzt das Unternehmen Software zur perspektivischen Darstellung des Raums. Grundsätzlich ist alles möglich, und den Wünschen steht ausser den Gegebenheiten im Gebäude und den feuerpolizeilichen Vorschriften nichts im Wege. Allerdings muss das Zentrum des Ofens, der Feuerraum, den neusten umwelttechnischen Anforderungen entsprechen und zertifiziert sein. «Mit unserem Handwerk verkleiden wir die normierten Kerne und gestalten die Aussenansicht des Ofens.» Dies meistens mit Zunderstahl. Das sind 4 mm dicke Stahlplatten mit einer natürlichen schwarzen Oberfläche. Diese Farbe entsteht, wenn das Blech nach dem Warmwalzen langsam abkühlt, ähnlich der Haut auf der abkühlenden Milch. Diese Schicht ist nach der Abkühlung nicht mehr veränderbar und erfordert von den Mitarbeitern beim Zuschnitt und der Verarbeitung grosse Sorgfalt. «Je nach Lichteinfall entstehen andere Farbnuancen. Das Material wird von unserem Auge als lebendig wahrgenommen.» Der Unterschied zu einer lackierten Oberfläche ist gross und nie gleich. Deshalb kann der Baumann-Kunde seine Stahlplatten im Lager auswählen. «Schöne und qualitative Stahlbleche zu finden ist nicht einfach. Es braucht viel Überzeugungskraft, dass so kleine Abnehmer wie wir aus den riesigen Lagern die schönsten Stücke raussuchen dürfen.»

Das Schweissen ist die Kernkompetenz der Firma. Ein Mitarbeiter braucht ungefähr zwei Jahre, bis er die Technik beherrscht. «Schweis-sen wie wir es tun, benötigt sehr viel Erfahrung und regelmässiges Üben.» So entstehen die typischen Baumann-Kanten, die auf 90° verschweisst und mit 45° geschliffen werden. «Es gibt auch bei der Schweisskante eine Vielzahl von Möglichkeiten.» Dass die langjährigen Mitarbeiter erfahren sind, merkt man beim Gang durch die Werkstätten sofort.
«Geld zu verdienen ist wichtig, aber nicht das Einzige.» Für Christoph Bachmann ist, wie auch schon für seinen Vorgänger, das soziale Engagement ein grosses Anliegen. «Wir unterstützen ein Programm für Arbeitsintegration und bieten zwei Teilzeit-Arbeitsplätze für Personen, die den Weg zurück ins Arbeitsleben suchen.» Und auch jungen Menschen bietet das Unternehmen eine Perspektive und bildet mindestens einen Lehrling aus.

Ist der Ofen fertig zusammengebaut und entspricht er den Qualitätsstandards, erfolgt die Lieferung. Auch diese überlässt Christoph Bachmann nicht mehr dem Zufall. «Ich konnte es nicht mehr verantworten, dass die um die 500 kg schweren Öfen über die Treppe raufgezogen wurden. Unfälle können schlimme Folgen haben.» Baumann kaufte kurzerhand ein Raupenfahrzeug, das die Kolosse sicher auch in eine Dachwohnung bringt.     
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Mehr Informationen auf www.baumannofen.ch

11. Dezember 2018
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