Thomas Sowell – anders als du denkst
Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf, und das ist gut so. Zudem schaden Mindestlöhne den Geringverdienenden. Und Sozialhilfe ist schlecht für Sozialhilfeempfänger. Das sind ein paar der weniger brisanten Thesen von Thomas Sowell.
Thomas Sowell erklärt sie in Büchern mit Titeln wie «Basic Economics», «Applied Economics» und «Economic Facts and Fallacies». Auf Deutsch ist von ihm nichts übersetzt, aber sein Englisch ist gut verständlich. Die Lektüre lohnt sich für alle, die nachvollziehen möchten, wie unsere wirtschaftsgläubigen Mitmenschen zu ihren Überzeugungen kommen.
Wer wie ich gegenüber solchen Mitmenschen Vorurteile hegt, liest mit Vorteil zuerst Sowells Autobiografie «A Personal Odyssey». In Stichworten: geboren 1930 in den USA, Familie und Umfeld arm, bildungsfern und schwarz. Mehrmaliger Schulabbruch, Zerwürfnis mit der Pflegefamilie, mit 17 auf sich allein gestellt. Handwerkerjobs und Arbeitslosigkeit. Liest Marx. Eingezogen während des Koreakriegs. Dann kommunistische Weltrevolution? Vom Tellerwäscher zum Millionär? Nein. Studium der Volkswirtschaft. Seither Akademiker und Autor von gut vierzig Büchern.
Kommen wir zu seinen brisanteren Thesen. Ein paar Buchtitel: «Migrations and Cultures», «Intellectuals and Society» und mit besonderer Empfehlung «Black Rednecks and White Liberals». Bei vielen seiner Thesen zögere ich, sie hier wiederzugeben, und mein Zögern illustriert zugleich die einzige seiner Thesen, die ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann: Wir Linken haben Dogmen, Tabus und eine damit verbundene Gruppendynamik, die es uns oft schwer macht, klar zu denken, genau zu beobachten, und ergebnisoffen zu diskutieren. Leider wahr. Zu Sowells anderen Thesen sage ich: Interessant! Und frage mich: Stimmt’s?
Ein Beispiel einer solchen These: Die gleichen Missverständnisse ökonomischer Zusammenhänge, die von Linken instrumentalisiert werden, um gegen «die Reichen» Stimmung zu machen, werden seit Jahrhunderten in-strumentalisiert, um gegen «die Juden» Stimmung zu machen. Und nicht nur für Reiche und Juden kann der ökonomische Unverstand der Mehrheitsbevölkerung gefährlich werden: Weltweit gibt es viele Minderheiten, die historisch ähnliche ökonomische Rollen ausfüllten wie die Juden im mittelalterlichen Europa, so etwa die Armenier im Osmanischen Reich, die Tamilen in Sri Lanka oder die Ebos in Nigeria, gegen die mit den gleichen Missverständnissen Stimmung gemacht wurde und wird.
Stimmt das? Ich kann es nicht beurteilen. Aber ich finde es bedenkenswert.
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Thomas Sowell: «Black Rednecks & White Liberals». Encounter Books, 2005. 250 S. CHF 23.90
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