Staatliches Hacking soll ausgedehnt werden

Ein neuer Regierungsentwurf soll die Online-Durchsuchung von Computern und Smartphones erleichtern. Die deutsche Bundesregierung begründe die Ermächtigung damit, dass es einfach praktisch sei.

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Die Bundesregierung möchte noch leichter in fremde Computer eindringen können. Die Befugnisse zum Einsatz von Staatstrojanern soll nochmals erweitert werden. Der dazu nötige Regierungsentwurf für das Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung (StPO) ist seit einigen Tagen verfügbar. In 32 Fällen habe man im Jahr 2019 eine Online-Durchsuchung angeordnet oder bestehende Anordnungen verlängert, steht in einem Bericht des Bundesjustizministeriums. Im letzten Jahr sei das verdeckte staatliche Hacking in zwölf Fällen zur Anwendung gekommen: «Die geplante Ausweitung der ohnehin nicht eben kurzen Liste des Straftatenkatalogs schiebt das staatliche Hacken weiter in Richtung Normalität beim heimlichen Infiltrieren von Computern oder Smartphones, die einer Gewöhnung an diese problematische Massnahme Vorschub leistet», schreibt Netzpolitik.org.

Vorgesehen für diese Erweiterung sind folgende Delikte, die gewerbs- und bandenmässig oder für den Geheimdienst einer fremden Macht durchgeführt werden: Menschenhandel, Computerbetrug, Zwangsprostitution und Zwangsarbeit sowie Verstösse gegen das Aussenwirtschaftsgesetz. Auch das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) soll in die Liste aufgenommen werden, da der § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b NpSG den «Grundtatbestand bei der Abgabe an Minderjährige zum Verbrechen qualifiziere». Viele Worte mache der Entwurf nicht, wenn es um die Gründe zur Erweiterung des Straftatenkatalogs gehe. Er würde eben «an die Bedürfnisse der Praxis angepasst», schreibt Netzpolitik. Eine Begründung für den Einsatz der Online-Durchsuchung könne sich aber nicht darauf stützen, dass ein Staatstrojaner vielleicht praktisch oder hilfreich bei Ermittlungen sein könnte, sondern er müsse sich als zwingend notwendig erweisen. Dazu jedoch schweige sich der Entwurf aus. «Die „Online-Durchsuchung» wird in dem Entwurf behandelt, als sei sie eine Ermittlungsmethode wie jede andere: Kein Wort mehr über die schwierigen Fallstricke beim staatlichen Hacken. Doch die alten Probleme beim Staatstrojanereinsatz bleiben: Wie begegnet man dem Risiko einer Beweismittelveränderung, wie sind die Erfahrungen nach den erfolgten Einsätzen?», fragt Netzpolitik.

Und auch die Frage nach der Vorbeugung gegen Missbrauch bleibe auf der Tagesordnung. Der Missbrauch solch mächtiger Ermittlungsinstrumente sei keine theoretische Problematik. Schon Anfang des Jahres 2012 wurde bekannt, dass beim Bundeskriminalamt BKA ein solcher Missbrauch im Rahmen eines Trojanereinsatzes stattgefunden hatte: Die Beamten fertigten Telefonsex-Mitschnitte und speicherten sie rechtswidrig. Der damalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, habe dies in einem geheimen Bericht vermerkt, der dann seinen Weg an die Öffentlichkeit fand. Das BKA habe mit dem Trojaner den höchst privaten Mitteilungen nicht nur zugehört und sie aufgezeichnet, sondern die Sex-Gespräche auch noch transkribiert. Dass die Öffentlichkeit von solchen Rechtsbrüchen überhaupt erfahre, sei beim heimlichen staatlichen Hacken eigentlich nicht vorgesehen. Und eine Überprüfung, ob die erweiterten Eingriffsermächtigungen im Gesetz tatsächlich sinnvoll seien, habe die Bundesregierung gar nicht erst geplant: «Eine Evaluierung soll nicht erfolgen», heisst es.