Wärche statt Lafere
Das Emmental ist nicht nur ein Abbild von Urschweizertum, sondern auch eine Werkregion mit einem starken und vielfältigen Netzwerk an Handwerk und Gewerbe. Mit dem neuen Netzwerk «Emmentality» wollen sich lokale Unternehmen besser vernetzen, um ihre Kompetenzen in geballter Form einzusetzen. Und alles auf der Basis der emmentalischen Mentalität, die beispielsweise besagt: Man macht nur, was wirklich Sinn macht. Nonsens überlässt man lieber den anderen.
Im Emmental gibt’s wenig Autobahn und selbstfahrende Busse. Aber das Internet ist genau so schnell wie in Zürich Nord. Statt Stahl- und Beton-Skylines sieht man, wo das Grün der Hügel das Blau des Himmels berührt. «Deshalb nennt man unsere Region strukturschwach», sagt Stefan Fuhrer, Mitinitiant der Plattform Emmentality. «Doch wir sind lieber strukturschwach, dafür zukunftsorientiert. Das Emmental soll Emmental bleiben und die vermeintlichen Schwächen in Stärken transformieren. also vernetzt, fleissig, zuverlässig, erfinderisch, gelassen, authentisch und gesund.»
Viele Branchen haben vor Ort eine lange Tradition, unter anderem Textilhandwerk, Glockengiesserei und Keramik, Steinmetzerei, Käserei und natürliche Heilmittel. Lokale KMUs stehen dabei neben grossen Industriebetrieben, die den globalen Markt im Blick haben.
Diese Mischung von Tradition und Innovation, von lokaler Verwurzelung und internationaler Einbindung hat nun einen Namen: Emmentality. Unter diesem Titel entsteht zurzeit ein Netzwerk, das Unternehmen im Emmental vernetzt. «Durch Partnerschaften und Kollaborationen entstehen attraktive und aussergewöhnliche Angebote, die ein einzelnes Unternehmen nicht leisten könnte», so Fuhrer. «Das übergeordnete Ziel des Projekts ist die Stärkung der Werkregion Emmental, indem emmentalische Werte, Fertigkeiten und Talente als Alleinstellungsmerkmale gesetzt werden.»
Doch was sind die emmentalischen Werte? Zum Beispiel der typische Verhaltenskodex beim «Gschäfte», sagt Fuhrer: «Wärche statt lafere, und keinem ein X für ein U vormachen. Wäre ja auch blöd, denn im Emmental begegnet man sich mindestens zweimal pro Woche. Deshalb: Was man macht, macht man richtig. Und man macht nur, was auch wirklich Sinn macht. Nonsens überlässt man lieber den anderen.»
Nur die Leute im Dorf wissen, wie genial Chrigu Möbel schreinert, wie exakt Hene Bleche formt und wie kreativ Simu komplizierte Teile konstruiert. So liegen zahlreiche Kompetenzen auf engstem Raum nebeneinander. Eine natürlich gewachsene Struktur, aus der sich die «Emmentality» zusammensetzt. Deshalb geht’s bei der neuen Vernetzungsplattform auch vor allem darum, die zahlreichen Fertigkeiten der Menschen und Betriebe zu verknüpfen: Wer kann was? Wer hat was zu bieten oder zu teilen? Wie können Synergien geschaffen werden? Wer ist Ansprechperson für einen potenziellen Auftraggeber?
In einem zweiten Schritt geht es aber auch darum, den Nutzen dieser geballten Kompetenz nach aussen – also übers Emmental hinaus – zu potenzieren. «Dies gibt einem Auftraggeber die Gewissheit, dass ein Projekt bei Emmentality besser aufgehoben ist als anderswo», so Fuhrer. «Das gilt für einen Lebensmittel-Verarbeiter genauso wie für eine Produzentin von Spritzgussteilen.»
Doch im Emmental denkt man nicht nur an den Profit, sondern auch an Qualität und Umwelt: «Emmentality steht für Produkte, Prozesse und Leistungen, die die Nachhaltigkeit berücksichtigen. Dies zeigt sich einerseits durch die Langlebigkeit unserer Produkte, den Einsatz von ressourcenschonenden Materialien und Energieträgern oder die hohe Leiste bezüglich von ökologischen Standards. Emmentality wendet sich ab vom immer noch vorherrschenden Wegwerf-Konsum und sucht Lösungen, die die nächsten Generationen nicht belasten.»
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