Wir müssen reden
Leben entsteht aus der Verbindung heraus. Ist sie intakt und ist die Energie am Strömen, finden lebendige Organismen in ein natürliches Gleichgewicht. Harmonie und Gesundheit breiten sich aus. Wir müssen auf nichts warten, um damit zu beginnen, Verbindungen aufzubauen und in den Austausch zu kommen mit dem, was uns umgibt.
Als die Psychotherapeutin Gabriele Freytag an Gebärmutterhalskrebs erkrankte, kam sie mit ihrem Körper ins Gespräch. Sie stellte sich die Krebszellen als kecke Strassenjungs vor, mit denen man durchaus reden konnte. Die Unterhaltung, in der Gabriele Freytag viel über sich selbst erfuhr, ging über Jahre. Heute ist sie seit Langem gesund. (1)
Ich bin Sprachlehrerin und weiss um die Bedeutung und Wichtigkeit der Kommunikation. Als ich Brustkrebs bekam, gewöhnte auch ich mir an, mit meinem Körper zu reden. (2) Heute rede ich mit allem und jedem. Ebenso wie wir uns jetzt nicht einen rosa Elefanten nicht vorstellen können, können wir nicht nicht kommunizieren. (3) Ob es uns bewusst ist oder nicht: Immerzu sind mit unserer Umgebung im Austausch.
Alles in uns kommuniziert: Unsere Stimme, unsere Blicke, unsere Körperhaltung, unsere Bewegungen. Selbst wenn wir stocksteif schweigen, sagen wir damit etwas über uns aus. Auch in unserem Körper ist alles in reger Unterhaltung. Unsere Zellen kommunizieren untereinander und auch die Mikroben, aus denen wir zu einem großen Teil bestehen. Über spezielle Botenstoffe sind sie unaufhörlich zu unserem Besten miteinander im Austausch. (4)
Ist die Kommunikation unterbrochen, werden wir krank. Krebs ist ein Symptom dafür, dass Körperzellen die Fähigkeit verloren haben, miteinander zu kommunizieren. Sie spalten sich vom Gesamtorganismus ab und funktionieren nach eigenen Regeln. Kommt die Kommunikation wieder in Fluss, werden wir gesund.
Der gute Ton
Homöostase heisst der Gleichgewichtszustand eines offenen dynamischen Systems, der durch interne regelnde Prozesse aufrechterhalten wird. Dieses natürliche Phänomen betrifft neben den Gebieten Physik, Chemie, Biologie, Ökologie, Psychologie und Wirtschafts- und Rechtswissenschaften im Grunde alle Lebensbereiche. Werden Blockaden aus dem Weg geräumt und kommen die Elemente miteinander in den Austausch, geht es allen Beteiligten gut.
Wie wohl hierbei gute Töne tun, wissen nicht nur die Manager von Einkaufszentren, in denen die Kunden mit Musik berieselt werden, um sie in Kauflaune zu bringen. Auch Kühe geben mehr Milch, wenn sie mit harmonischen Weisen beschallt werden, und sogar Pflanzen wachsen mit Musik besser. (5)
Der japanische Künstler und Forscher Masaru Emoto kam zu der Erkenntnis, dass auch Wassermoleküle auf Botschaften reagieren. In komplexen Versuchsreihen wies er nach, dass nicht nur aggressive Töne zur Bildung von disharmonischen Wasserkristallen führen, sondern auch aggressive Worte. Worte der Achtsamkeit und Liebe hingegen führen zu der Bildung harmonischer Anordnungen. (6)
Wir, die wir zu einem grossen Teil aus Wasser bestehen, wissen nur allzu gut, was ein böses oder ein liebendes Wort in uns auslösen kann. Ein aggressiver Ton oder Blick kann dazu führen, dass sich alles in uns zusammenzieht. Stress blockiert. Auf Dauer, auch das wissen wir, macht er uns krank. Gesund werden wir, wenn wir uns im Vertrauen fühlen und uns hingeben können. Die Schleusen öffnen sich, wir lassen los und werden wieder heile.
Wenn es so einfach wäre, so fragt sich vielleicht mancher, warum wissen das dann nicht alle? Warum machen wir es dann nicht? Die Antwort mag erschüttern: An gesunden Menschen, die friedlich zusammenleben, verdient niemand. Unser System basiert darauf, dass wir möglichst viel Stress und Angst empfinden und zu den Waffen greifen lassen. Unter diesem Blickwinkel dürfte ein einziger Blick in die Zeitung genügen, um das zu erkennen.
Die gute Botschaft
Nachdem wir das einmal geschluckt haben, können wir die Zeitung wieder zumachen und das Abonnement abbestellen. Ob Mainstream oder alternativ: Dort, wo wir mit Horrornachrichten berieselt werden, geht es nicht in eine friedliche Welt. Ein gesundes Gleichgewicht kann sich nur dort einstellen, wo die Angstblockaden aufgehoben werden und die Energien wieder fliessen. Das passiert nicht, solange wir gegeneinander ankämpfen, auf welcher Seite wir auch stehen.
Es gibt nicht auf einer Seite die «Guten» und auf der anderen die «Bösen». Wir sind immer Spiegel füreinander und sehen in unserem Gegenüber unsere eigenen Projektionen. In dem Moment, in dem wir das verstehen, kann sich wirklich etwas ändern. Wir müssen uns nicht mehr mit den Idioten da draussen beschäftigen, welche Namen wir ihnen auch geben, sondern können uns ganz in Ruhe uns selbst zuwenden.
Egal, was andere Menschen tun: Unser inneres Befinden hängt nicht von ihnen ab. So schwierig es oft auch umzusetzen ist, so sehr haben es Menschen als wahr erkannt, die in extremen und lebensbedrohlichen Situationen ein tiefes Glück empfunden haben. In der tiefsten Trauer können wir uns warm geborgen fühlen, wenn die Verbindung intakt ist: zu uns selbst, zu unseren Nächsten, zur Natur, zum Leben.
Lassen wir es also fliessen. Sprechen wir. Reden wir mit allem, was uns begegnet. Mit Menschen, mit Bäumen und Blumen, Vögeln und Bienen, mit der Erde und mit dem Himmel. Reden wir mit dem Wind, dem Wasser, dem Feuer. Reden wir mit Zahlen und Buchstaben.
Sie alle schwingen auf eine gewisse Weise, sie alle sind lebendig und lassen mit sich reden. Wer so durch die Welt geht, der ist niemals alleine. Er ist all-eins und spürt bei jedem Schritt das Lebensnetz, das ihn umfängt und hält.
Quellen und Anmerkungen
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Gabriele Freytag: Ein wilder Ort. Marta Press 2017
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Kerstin Chavent: Die Waffen niederlegen. Die Botschaften der Krebszellen verstehen. Scorpio 2019
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Paul Watzlawik: https://www.paulwatzlawick.de/axiome.html
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Kerstin Chavent: In guter Gesellschaft. Wie Mikroben unser Überleben sichern, Scorpio 2020
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Masaru Emoto: Die Botschaft des Wassers. Koha-Verlag 2002
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