Sollen Grundrechte nur für Reiche gelten?
Nachdem im Januar im Grossrat des Kantons Bern das revidierte Sozialhilfegesetz ohne grosse Diskussionen durchgewunken worden war, wurde dagegen nun unter dem Titel «Datenschutz für alle» das Referendum ergriffen. Pünktlich zu Beginn der Referendumsfrist hat am 23. Februar das Referendumskomitee die Gründe für den Widerstand dargelegt.
Stein des Anstosses ist primär Artikel 8 des neuen Gesetzes. Dieser besagt, dass, wer im Kanton Bern arm ist und Sozialhilfe beantragt, eine Generalvollmacht unterzeichnen muss. Mit dieser Generalvollmacht sollen die Behörden jede Information über die Antragstellenden beschaffen dürfen. Wer diese Vollmacht nicht unterzeichnet, erhält kein Geld.
Verlust der Privatsphäre
«Lebenspartner, Arbeitgeber, Vermieter, Banken, Ärzte, Geistliche und Sozialarbeiter werden per Gesetz gezwungen, Informationen weiterzugeben», sagt dazu Thomas Näf, Präsident des Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen Bern (kabba). Und Simone Rebmann von den demokratischen JuristInnen Bern (djb) doppelt nach: «Den von der Sozialhilfe abhängigen Menschen wird die Aufgabe der Privatsphäre und der eigenen Würde abverlangt.» Stossend sei auch, dass Personen zu Auskünften verpflichtet würden, die in keinem Rechtsverhältnis zur Sozialhilfebehörde stünden, ergänzt sie.
Gefördertes Verrätertum
Für Christa Ammann von der Alternativen Linken Bern ist es unerträglich, wenn bereits jeder Verdacht gemeldet werden muss. Dies fördere das Denunziantentum und führe zu Vorverurteilungen. Aus einzelnen Missbrauchsfällen werde ein strukturelles Problem der Sozialhilfe konstruiert, findet auch Cyrille Baumann (pda). Dies stigmatisiere alle Betroffenen. Der Sozialwissenschafter Maurizio Coppola möchte vor allem die Berufsethik der sozialen Berufe verteidigen. Sozialarbeiterinnen und Ärzte hätten die Aufgabe, Menschen zu schützen und soziale Ungleichheiten zu mindern, nicht diese zu verraten. Er kritisiert auch die gegenwärtige Sozialpolitik, weil sie kollektive Risiken wie Arbeitslosigkeit und Invalidität in die Verantwortung der Betroffenen selbst delegiere.
Der Schnüffelstaat wird wieder salonfähig
Das heute geltende Gesetz sei vom Willen zur Hilfe geprägt. Im revidierten Gesetz sei nur noch von Missbrauch und Kontrolle die Rede, moniert Luzius Theiler (GPB-DA) Und er beobachtet eine gefährliche Tendenz zum Überwachungsstaat: «Zuerst kommen die Schwächsten der Gesellschaft dran – die Armen, die Invaliden, die Jungen. Die nächsten Schritte betreffen uns dann alle.»
Steuerbetrug wird geschützt
Das Referendumskomitee ist sich einig, dass die Ungleichbehandlung zwischen «oben» und «unten» nicht hingenommen werden darf. Gleichzeitig würden nämlich Verschärfungen der Kontrolle bei Verdacht auf Steuerbetrug von den Parlamenten stets abgelehnt. Dabei sei da der Verlust von Steuergeldern mindestens 15 mal höher als bei den wenigen Betrugsfällen im Sozialwesen, rechnet Simone Rebmann vor. «Wenn Grundrechte und Würde einer ganzen Bevölkerungsgruppe bedroht sind, muss man tun, was nötig ist», zieht Luzius Theiler das Fazit.
Weitere Informationen auf: http://www.kabba.ch
Verlust der Privatsphäre
«Lebenspartner, Arbeitgeber, Vermieter, Banken, Ärzte, Geistliche und Sozialarbeiter werden per Gesetz gezwungen, Informationen weiterzugeben», sagt dazu Thomas Näf, Präsident des Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen Bern (kabba). Und Simone Rebmann von den demokratischen JuristInnen Bern (djb) doppelt nach: «Den von der Sozialhilfe abhängigen Menschen wird die Aufgabe der Privatsphäre und der eigenen Würde abverlangt.» Stossend sei auch, dass Personen zu Auskünften verpflichtet würden, die in keinem Rechtsverhältnis zur Sozialhilfebehörde stünden, ergänzt sie.
Gefördertes Verrätertum
Für Christa Ammann von der Alternativen Linken Bern ist es unerträglich, wenn bereits jeder Verdacht gemeldet werden muss. Dies fördere das Denunziantentum und führe zu Vorverurteilungen. Aus einzelnen Missbrauchsfällen werde ein strukturelles Problem der Sozialhilfe konstruiert, findet auch Cyrille Baumann (pda). Dies stigmatisiere alle Betroffenen. Der Sozialwissenschafter Maurizio Coppola möchte vor allem die Berufsethik der sozialen Berufe verteidigen. Sozialarbeiterinnen und Ärzte hätten die Aufgabe, Menschen zu schützen und soziale Ungleichheiten zu mindern, nicht diese zu verraten. Er kritisiert auch die gegenwärtige Sozialpolitik, weil sie kollektive Risiken wie Arbeitslosigkeit und Invalidität in die Verantwortung der Betroffenen selbst delegiere.
Der Schnüffelstaat wird wieder salonfähig
Das heute geltende Gesetz sei vom Willen zur Hilfe geprägt. Im revidierten Gesetz sei nur noch von Missbrauch und Kontrolle die Rede, moniert Luzius Theiler (GPB-DA) Und er beobachtet eine gefährliche Tendenz zum Überwachungsstaat: «Zuerst kommen die Schwächsten der Gesellschaft dran – die Armen, die Invaliden, die Jungen. Die nächsten Schritte betreffen uns dann alle.»
Steuerbetrug wird geschützt
Das Referendumskomitee ist sich einig, dass die Ungleichbehandlung zwischen «oben» und «unten» nicht hingenommen werden darf. Gleichzeitig würden nämlich Verschärfungen der Kontrolle bei Verdacht auf Steuerbetrug von den Parlamenten stets abgelehnt. Dabei sei da der Verlust von Steuergeldern mindestens 15 mal höher als bei den wenigen Betrugsfällen im Sozialwesen, rechnet Simone Rebmann vor. «Wenn Grundrechte und Würde einer ganzen Bevölkerungsgruppe bedroht sind, muss man tun, was nötig ist», zieht Luzius Theiler das Fazit.
Weitere Informationen auf: http://www.kabba.ch
24. Februar 2011
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