Kunst der Reduktion

Podiumsgespräch anlässlich der Vernissage von Anton Rotzetters Buch «Streicheln, mästen, töten"

«Angesichts der Situation, in der wir uns heute befinden, ist es ein Gebot der Stunde, den verbrauchenden Lebensstil radikal zu ändern und eine «Kunst der Reduktion' einzuüben", sagte der Kapuziner und Theologe Anton Rotzetter anlässlich der Vernissage seines neuen Buches «Streicheln, mästen, töten – Warum wir mit Tieren anders umgehen müssen" vom 28. April  in Zürich.

AKUT – die «Aktion Kirche und Tiere» lud eine Anzahl Fachleute  zu einem Podiumsgespräch, an dem verschiedene Thesen des Buches diskutiert wurden: Dr. Ralf Müller (Medizin), Franz Xaver Stadelmann (oeku – Kirche und Umwelt/Landwirtschaft), Andrea Hüsser (Erklärung von Bern) und Dr. Gieri Bolliger (Tierrecht). Der Nachmittag wurde moderiert durch Thomas Gröbly von der Fachhochschule Nordwestschweiz. Die Aussage des deutschen Wirtschaftswissenschaftlers Niko Paech «reich ist nicht, wer viel hat, sondern wer wenig braucht" fasst wohl das Ergebnis der Diskussion am besten zusammen.

Warum hungern auf der Welt so viele Menschen? Andrea Hüsser von der «Erklärung von Bern": Tiere wie zum Beispiel die Hühner, die in der Schweiz aufgezogen werden, werden zu einem grossen Teil mit Soja gefüttert. Dieses verdrängt in den Ländern des Südens die Produktion von Lebensmitteln für die Einheimischen. Zudem gibt es hierzulande bei der Geflügelproduktion eine Trennung zwischen Masthähnchen und Legehennen. Von diesen werden am Ende jährlich 1,4 Millionen Stück verbrannt statt als Suppenhühner verwertet.

"Die ökologische Krise ist ein Zeichen einer inneren Krise des Menschen", betonte der Agronom Franz Xaver Stadelmann. Er verwies auf die Distanz, die in der modernen Kultur zwischen Mensch und Natur besteht. Darum schlug er vor, sich wieder der Natur zuzuwenden und von ihr zu lernen. Und was die Tiere betrifft: sie nicht nur nutzen, sondern auch schützen!
Sowohl Andrea Hüsser wie Franz Xaver Stadelmann erinnerten an den enormen Fleischkonsum der Schweizer Bevölkerung. Wir essen im Durchschnitt ein Kilo Fleisch pro Woche. Wollten wir uns auf die einheimische Produktion beschränken, dürfte es nur die Hälfte sein.

Gieri Bolliger von der «Stiftung für das Tier im Recht" rühmte die Schweizer Tierschutzgesetze. Die Verfassungsbestimmung von der «Würde der Tiere" sei weltweit einmalig. Doch mit der Umsetzung der rechtlichen Vorschriften sei es auch in der Schweiz nicht zum Besten bestellt.

Viele Tiere wie Kühe und Schweine seien Lebewesen mit einem hoch entwickelten Nervensystem und darum sehr leidensfähig, unterstrich der Psychiater Ralf Müller. Als ihm diese Tatsache aufgegangen sei, habe er sich entschlossen, kein Fleisch mehr zu essen. Er ist davon überzeugt, dass eine so hohe Produktion von Fleisch nur möglich ist, weil die Produktion «im Unsichtbaren stattfindet" (Massentierhaltung, Schlachtung). Müller bedauerte, dass Vegetarier als Radikale abgestempelt werden, während das Fleischessen als ganz normal betrachtet wird – obwohl dieses stets mit Gewalt verbunden ist. Eine vegetarische Ernährung ist seiner Meinung nach ohnehin längerfristig die gesündere.

Auf dem Podium war man sich einig: Wir müssen wieder lernen, die Tiere als Mit-Geschöpfe zu sehen: als Brüder und Schwestern der Menschen. Franz Xaver Stadelmann ging mit dem guten Beispiel voran und gestand: «Mein Bruder Esel ist mir sympathisch."

 
Anton Rotzetter: Streicheln, mästen, töten – warum wir mit Tieren anders umgehen müssen. Herder, 2012. 197 Seiten, ca. 24.90 Franken.


Hier können Sie den «Aufruf an die Kirchen für Menschen, Tiere und die ganze Erde" der Aktion Kirche und Tiere (AKUT) unterschreiben:
www.aktion-kirche-und-tiere.ch/akut.html?/aktu_petition.html