Platz für Leben, wie es gemeint ist

Hofhäuser ermöglichen Privatheit, Selbstversorgung und soziale Nähe

Seit 6000 Jahren bietet das Hofhaus eine unerreichte Synthese von geschützter Individualität, sparsamer Flächennutzung und ästhetischer Stadtplanung. Der deutsche Architekt Michael Habeck plant in Südfrankreich eine ganze Stadt aus Hofhäusern. Aber auch hierzulande ermöglicht sein Konzept den Bau von kostengünstigen Siedlungen, die fast alle Bedürfnisse befriedigen, die man an einen Lebensraum haben kann: Privatheit, geschützter Aussenraum, Möglichkeit zur Selbstversorgung, Gemeinschaft, und das alles zu einem recht günstigen Preis.


Staunend spazieren wir als Touristen durch Santorin, Marrakesch, die Altstadt von Peking oder das alte Amsterdam. In den engen Gassen pulsiert das Leben, manchmal laut, gelegentlich dreckig, aber immer anregend. Hin und wieder fällt der Blick durch ein offenes Portal in einen Hof und eröffnet die verschiedensten Welten: Hier wird gearbeitet, dort geruht, Kinder spielen, Alte diskutieren, es grünt und blüht – jeder Hof lebt sein eigenes Leben. Diese Fülle, diese Ruhe, diese Freiheit – gleich neben den lauten Gassen! Warum gibt es das nur in alten Städten, fragen wir uns, warum nicht bei uns? Und Sehnsucht breitet sich aus nach der individuellen Freiheit des eigenen geschützten Raums inmitten der kollektiven Freiheit des Stadtraums, zwischen denen wir uns leicht bewegen können, mit ein paar Schritten, ohne Planung, ohne Verkehrsmittel, so wie wir sind.

Einfach, frei und gut vernetzt
Das Hofhaus als Grundelement von Siedlungen ist von bestechender Einfachheit: Innerhalb des ummauerten Rechtecks können die Hausbesitzer im Prinzip bauen, was sie wollen und leben wie sie wollen, solange eine vorgeschriebene Höhe nicht überschritten und der Feuerschutz berücksichtigt wird.
Der Eine baut viel und verzichtet dafür auf einen grossen Garten, der andere baut wenig und nutzt das Grün. Die Häuser sind ein- bis zweigeschossig, in einzelnen Fällen vielleicht mit einem Türmchen versehen und werden vom Hof her belichtet und belüftet. Die Dächer werden für Sonnenkollektoren und als Gemüsegarten oder Terrasse genutzt. Die Gassen sind gerade breit genug, dass man im Bedarfsfall mit einem kleinen Lastwagen vorfahren kann. Die Autos werden ausserhalb der Siedlung geparkt.

Ideal für kleine Budgets
Seit über 30 Jahren sind Hofhäuser die grosse Leidenschaft des Darmstädter Architekten Michael Habeck. Einige hat er als Einzelbauten realisiert, eine Siedlung, in der sie ihr Potenzial erst richtig entfalten, ist aber erst in Planung. In der Gascogne soll eine kleine Stadt mit 250 vornehmlich luxuriösen Hofhäusern für Wohlhabende entstehen. Dabei wäre dieser Siedlungstyp gerade für Menschen mit einem Einkommen unterhalb der Einfamilienhausschwelle ideal. Aber: Vielleicht entwickeln grosse Investoren schon bald Musikgehör für autarke Siedlungen, die so geplant sind, dass sich soziales Leben entwickeln kann – fussläufige Quartiere mit Kneipe, Platz im Zentrum, Kinderhort und was die Bewohner sonst noch so brauchen. Und wenn die Investoren nicht wollen, sollten wir es selbst an die Hand nehmen.




Der Traum ist zu stark …

Eigentlich wollte ich mit Bauen nichts mehr zu tun haben. «Das erste dem Feind, das zweite dem Freund, das dritte sich selber» lautet schliesslich ein geflügeltes Wort über das Bauen von Häusern. Aber je länger ich mich mit Michael Habeck in seine Hofhäuser vertiefte, desto mehr spürte ich wieder, dass Bauen mehr ist als beschleunigtes Ergrauen, sondern mit der Schaffung von Lebensraum (im Kontrast zu blossem Wohnraum) zu tun hat.
So eine Hofhaussiedlung weckt natürlich Träume, die Vision eines Fleckchens Erde, den man samt Innen- und Aussenraum so gestalten kann, wie es einem passt, mit einem Minimum an Vorschriften und Platzbedarf und einem Maximum an Autarkie. Eingebettet in eine lebendige fussläufige Siedlung mit Kneipe, Laden und Spielplatz (auch für Erwachsene), aber ohne Protz und ohne Autos. Und verwaltet von einer übersichtlichen, dem Gemeinwohl und der Nachhaltigkeit verpflichteten Körperschaft, in der alle ohne Rücksicht auf ihren Kapitaleinsatz die gleichen Rechte haben.
Der Traum war zu stark, als dass ich Michael ohne Kalkulation einer solchen Siedlung hätte abreisen lassen. Basis der Berechnung war eine Siedlung mit 50 Hofhäusern, einem zentralen Platz mit Kneipe und der vorgeschriebenen Zahl von Parkplätzen am Rand der Siedlung, die auch als zusätzliche Pflanz- oder Grünfläche genutzt werden können. Ein Hofhaus misst 15 x 15 Meter und verfügt über 125 m2 Wohnfläche, geeignet für eine Familie mit max. zwei Kindern. Die Häuser sind nicht unterkellert, nahezu nach Minergiestandard isoliert, verfügen über Sonnenkollektoren und Kompostklos, jedoch nicht über Küchen, die sich jede(r) selber einbauen soll. Eine Einheit kommt nach dieser Überschlagsrechnung inkl. Gemeinkosten auf rund 350‘000 Franken zu stehen, je nach Standort und Landpreisen.
Wenn eine Genossenschaft die Siedlung realisiert und sich die Genossenschafter für ihre monatlichen Verpflichtungen mit einer Bürgschaft angemessen absichern, könnte ein solches Projekt zu 90 Prozent fremdfinanziert werden. Die Genossenschafter dürften also mit je 40 000 Franken Eigenkapital (ohne private Investitionen für Küche etc.) handlungsfähig werden und dies bei Miet- und Nebenkosten von unter 1400 Franken. Selbst wenn es am Schluss dann 60000 Franken sind, liegt dieser Wert immer noch im Bereich der angesparten Altersguthaben vieler Menschen, die sich damit sonst kein eigenes Haus leisten könnten.
Weil man sich von einem solchen Traum nicht zu weit tragen lassen soll, lasse ich ihn mal stehen und warte auf allfällige Reaktionen. Falls Sie Interesse an der Weiterentwicklung des Projekts haben und sich vorstellen könnten, in einer solchen Siedlung zu wohnen, schreiben Sie bitte eine Mail an «[email protected]». Bei 50 positiven Zuschriften treiben wir die Planung einen Schritt weiter.
Christoph Pfluger

01. März 2007
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