Proklamierte Weltherrschaft
Das Silicon Valley strebt nach der Macht und das nicht nur wirtschaftlich. Immer mehr beeinflusst es gesellschaftliche Prozesse und politische
Entscheidungen.
Entscheidungen.
Im Februar verkündete Mark Zuckerberg, künftig «eine soziale Infrastruktur für die Gemeinschaft entwickeln» zu wollen. Nicht für die immerhin fast 1,9 Milliarden Nutzer von Facebook, nicht für die Bürger der USA, sondern – zumindest potenziell – für die gesamte Welt. Der Unternehmer reklamierte mit seinem online publizierten Manifest einen globalen Führungsanspruch, der längst weit über die ökonomische Sphäre hinausreicht.
Und wie gehen demokratisch gewählte Regierungen damit um? In Deutschland wurde der Multimilliardär von Kanzleramtsminister Peter Altmaier 2016 beinahe wie ein Staatsgast empfangen. Die dänische Regierung geht noch einen Schritt weiter. Sie gab im Januar bekannt, als erster Staat der Welt einen Digitalbotschafter ernennen zu wollen, der die Beziehungen des Landes zu Facebook, Apple, Microsoft, Google und Co. pflegen soll. «Diese Konzerne sind eine Art neue Nationen geworden, und dazu müssen wir uns verhalten», sagte Aussenminister Anders Samuelsen. Sie seien so bedeutend, dass sie eigentlich bei den G20 – also in der Riege der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer – aufgenommen werden müssten. Die Kritik der politischen Ökonomie hatte seit Marx immer wieder herausgestellt, dass die grossen Konzerne in kapitalistischen Gesellschaften einen enormen politischen Einfluss auf die Entscheidungen demokratisch legitimierter Entscheidungsträger ausüben, doch ging es dabei zumeist um die Wahrung von Profitinteressen, die Beseitigung von Handelshemmnissen oder die Erweiterung von Absatzmärkten.
Neu ist, dass sich die Konzernlenker digitaler Plattformen nicht nur als Unternehmer, sondern als Weltverbesserer verstehen. Mit religiösem Eifer machen sie sich daran, einen gesellschaftlichen Bereich nach der Massgabe umzugestalten, dass sich mithilfe neu entwickelter Technologien buchstäblich alle Probleme lösen und alle Erschwernisse des menschlichen Lebens überwinden lassen: von der Welternährung, über den Klimawandel, die Bildung bis hin zu Krankheit und Tod.
Zu Beginn des 21. Jahrhundert zeichnet sich ein Machtkampf ab zwischen dem digitalen Monopolkapital und der etablierten Politik um die Führung der Gemeinwesen. Eine erste grosse Machtprobe kann in den USA beobachtet werden. Mit seinem Einwanderungsstopp für Menschen aus sieben muslimischen Ländern löste Präsident Donald Trump kurz nach seinem Amtsantritt einen Proteststurm aus, der von der Digitalbranche angeführt wird. Sie mobilisierte ihre juristischen Abteilungen und half tatkräftig mit, das Dekret zu stoppen. Den Firmen geht es dabei weder um die an der Einreise gehinderten Menschen noch um die Demokratie. Vielmehr wollen sie aus dem globalen Pool der Arbeitskräfte weiterhin die Besten zu möglichst niedrigen Löhnen rekrutieren und die technologische Entwicklung nach ihrem Gusto steuern dürfen. Das Schicksal illegaler Einwanderer, die sich als Putzkräfte, Mitarbeiter von Paketdiensten, Restaurants und anderen Dienstleistungsbetrieben im Silicon Valley verdingen, lässt die Internetmilliardäre ungerührt. Reinigungs- und einfache Fertigungsarbeiten haben sie aus Kostengründen längst outgesourct. Das High-Tech-Kapital führt einen Lohnkampf, «indem es den Arbeitsmarkt globalisiert», schreibt der deutsche Publizist Bernd Stegemann. Wenn die Digitalkonzerne «Nationalismus oder gar Rassismus anklagen, sollte die linke Öffentlichkeit nicht darauf hereinfallen, denn in der Logik der Globalisierung bedeuten diese Vorwürfe immer: die Gewinne des grenzenlosen Kapitals sind in Gefahr».
Auch das Engagement für eine fortschrittliche Genderpolitik hat einen doppelten Boden. Wenn Facebook seinen queeren Nutzern überall auf der Welt anbietet, aus einer Vielzahl von Geschlechtsidentitäten auszuwählen, geht es keineswegs um sexuelle Befreiung. Je mehr das Unternehmen über intime Verhaltensdaten seiner Nutzer verfügt, desto besser kann es aussagekräftige Profile über sie erstellen. Diese wiederum können an Werbekunden verkauft werden. Die Nutzer leisten mit ihrer Datenpreisgabe quasi unbezahlte Arbeit für den Konzern. Hinter dem angeblich neuen Spielraum sexueller Selbstbestimmung im Sinne der political correctness verbirgt sich vor allem eine neue Form der Ausbeutung. Es geht beim Kampf zwischen dem US-Präsidenten und dem Silicon Valley also nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Der Konflikt erinnert ein wenig an die Rivalität von Kaiser und Papst im Mittelalter. Das einfache Volk hatte in keiner der beiden Parteien einen Fürsprecher.
Und wie gehen demokratisch gewählte Regierungen damit um? In Deutschland wurde der Multimilliardär von Kanzleramtsminister Peter Altmaier 2016 beinahe wie ein Staatsgast empfangen. Die dänische Regierung geht noch einen Schritt weiter. Sie gab im Januar bekannt, als erster Staat der Welt einen Digitalbotschafter ernennen zu wollen, der die Beziehungen des Landes zu Facebook, Apple, Microsoft, Google und Co. pflegen soll. «Diese Konzerne sind eine Art neue Nationen geworden, und dazu müssen wir uns verhalten», sagte Aussenminister Anders Samuelsen. Sie seien so bedeutend, dass sie eigentlich bei den G20 – also in der Riege der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer – aufgenommen werden müssten. Die Kritik der politischen Ökonomie hatte seit Marx immer wieder herausgestellt, dass die grossen Konzerne in kapitalistischen Gesellschaften einen enormen politischen Einfluss auf die Entscheidungen demokratisch legitimierter Entscheidungsträger ausüben, doch ging es dabei zumeist um die Wahrung von Profitinteressen, die Beseitigung von Handelshemmnissen oder die Erweiterung von Absatzmärkten.
Neu ist, dass sich die Konzernlenker digitaler Plattformen nicht nur als Unternehmer, sondern als Weltverbesserer verstehen. Mit religiösem Eifer machen sie sich daran, einen gesellschaftlichen Bereich nach der Massgabe umzugestalten, dass sich mithilfe neu entwickelter Technologien buchstäblich alle Probleme lösen und alle Erschwernisse des menschlichen Lebens überwinden lassen: von der Welternährung, über den Klimawandel, die Bildung bis hin zu Krankheit und Tod.
Zu Beginn des 21. Jahrhundert zeichnet sich ein Machtkampf ab zwischen dem digitalen Monopolkapital und der etablierten Politik um die Führung der Gemeinwesen. Eine erste grosse Machtprobe kann in den USA beobachtet werden. Mit seinem Einwanderungsstopp für Menschen aus sieben muslimischen Ländern löste Präsident Donald Trump kurz nach seinem Amtsantritt einen Proteststurm aus, der von der Digitalbranche angeführt wird. Sie mobilisierte ihre juristischen Abteilungen und half tatkräftig mit, das Dekret zu stoppen. Den Firmen geht es dabei weder um die an der Einreise gehinderten Menschen noch um die Demokratie. Vielmehr wollen sie aus dem globalen Pool der Arbeitskräfte weiterhin die Besten zu möglichst niedrigen Löhnen rekrutieren und die technologische Entwicklung nach ihrem Gusto steuern dürfen. Das Schicksal illegaler Einwanderer, die sich als Putzkräfte, Mitarbeiter von Paketdiensten, Restaurants und anderen Dienstleistungsbetrieben im Silicon Valley verdingen, lässt die Internetmilliardäre ungerührt. Reinigungs- und einfache Fertigungsarbeiten haben sie aus Kostengründen längst outgesourct. Das High-Tech-Kapital führt einen Lohnkampf, «indem es den Arbeitsmarkt globalisiert», schreibt der deutsche Publizist Bernd Stegemann. Wenn die Digitalkonzerne «Nationalismus oder gar Rassismus anklagen, sollte die linke Öffentlichkeit nicht darauf hereinfallen, denn in der Logik der Globalisierung bedeuten diese Vorwürfe immer: die Gewinne des grenzenlosen Kapitals sind in Gefahr».
Auch das Engagement für eine fortschrittliche Genderpolitik hat einen doppelten Boden. Wenn Facebook seinen queeren Nutzern überall auf der Welt anbietet, aus einer Vielzahl von Geschlechtsidentitäten auszuwählen, geht es keineswegs um sexuelle Befreiung. Je mehr das Unternehmen über intime Verhaltensdaten seiner Nutzer verfügt, desto besser kann es aussagekräftige Profile über sie erstellen. Diese wiederum können an Werbekunden verkauft werden. Die Nutzer leisten mit ihrer Datenpreisgabe quasi unbezahlte Arbeit für den Konzern. Hinter dem angeblich neuen Spielraum sexueller Selbstbestimmung im Sinne der political correctness verbirgt sich vor allem eine neue Form der Ausbeutung. Es geht beim Kampf zwischen dem US-Präsidenten und dem Silicon Valley also nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Der Konflikt erinnert ein wenig an die Rivalität von Kaiser und Papst im Mittelalter. Das einfache Volk hatte in keiner der beiden Parteien einen Fürsprecher.
24. Mai 2017
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