"Behalten Sie Ihr Geld», sagte Kolumbiens Präsident Gustavo Petro, als er von Trumps Plänen erfährt, die Hilfe für Lateinamerika zu kürzen, «denn es ist Gift».
USAID (US Agency for International Development) gibt jährlich rund 2 Milliarden US-Dollar in Lateinamerika aus, was nur 5 % seines Gesamtbudgets entspricht. Die Zukunft der zeitweilig geschlossenen Behörde sieht düster aus, und die Reaktionen auf die Kürzung ihrer Mittel waren sehr unterschiedlich. Nur wenige sind so deutlich wie die von Petro und viele verurteilen den Schritt. WOLA (Washington Office on Latin America), eine der führenden «liberalen» Think Tanks, die regelmässig über Washingtons Regimewechsel-Bemühungen berichten, bezeichnete dies als Trumps «America Last»-Politik.
USAID tut zwar etwas Gutes – wie das Entfernen von Landminen in Vietnam (die ihrerseits ein Produkt US-amerikanischer Rechtsverletzungen sind) -, aber als Behörde der Weltmacht ist ihre Rolle auf die Durchsetzung der weltweiten Dominanz der USA ausgerichtet.
Es war zu erwarten, dass die Medien USAID grösstenteils in Schutz nehmen. Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, dass sie vor allem darüber besorgt sind, dass einige Länder durch den Rückzug von USAID stark beeinträchtigt würden. In Wirklichkeit wissen fahnentreue Leitmedien, dass USAID Teil des «imperialen Instrumentariums» ist.
Sowohl die Los Angeles Times als auch Bloomberg sind der Meinung, dass die Schliessung von USAID China «die Tür öffnen» würde. Die Associated Press beschreibt die Einstellung der Hilfe als «grossen Rückschlag» für die Region; die BBC schliesst sich dieser Meinung an. Die NYT und andere Mainstream-Medien weisen auf die Ironie hin, dass viele ihrer Programme dazu beitragen, die Abwanderung aus Lateinamerika einzudämmen, ein Thema, das ansonsten ganz oben auf Trumps Agenda steht.
Militarisierung der humanitären Hilfe
Es überrascht nicht, dass die Presse ein einseitiges Bild vermittelt. Es stimmt natürlich, dass ein Aspekt der Arbeit von USAID humanitär ist. Aber, wie Jeffrey Sachs erklärt, ist «echte und dringende humanitäre Hilfe» nur ein Element einer grösseren «Soft Power»-Strategie. Von Anfang an war die Mission von USAID mehr als nur humanitär.
Ein Jahr nachdem Präsident John Kennedy 1961 USAID ins Leben gerufen hatte, teilte er den Direktoren mit: «Da wir in viele Gebiete, in denen die Freiheit angegriffen werden könnte, keine amerikanischen Truppen schicken wollen, schicken wir sie [USAID]».
Die Organisation ist «ein Instrument der [US-]Aussenpolitik… eine völlig politisierte Institution», so Sachs. Sie hat vor allem US-Verbündete begünstigt, wie bei dem von der NYT zitierten Programm zur Begrenzung von Hurrikanschäden in Mittelamerika. Dabei wurde Nicaragua, das 2020 von zwei verheerenden Stürmen heimgesucht wurde, nicht berücksichtigt. Natürlich ist Nicaragua kein Verbündeter der USA.
Obwohl USAID weltweit etwa 42 % aller humanitären Hilfe leistet, meldet das Quixote Center, dass der Grossteil der Mittel für die Lieferung von in den USA produzierten Nahrungsmitteln oder für die Bezahlung von US-Auftragnehmern ausgegeben wird, anstatt die lokalen Märkte zu unterstützen und lokale Anbieter zu fördern. Das Quixote Center argumentiert, dass «eine Überprüfung von USAID notwendig ist», wenn auch nicht die Art von Überprüfung, die Trump oder Elon Musk wohl im Sinn haben.
Tatsächlich schadet die Lieferung subventionierter US-Lebensmittel der Landwirtschaft in den Empfängerländern. Kurzfristig wird der Hunger gestillt, langfristig führt dies jedoch zu Abhängigkeit, was der eigentliche Zweck solcher Hilfen ist. Kurz gesagt, die USA fördern weltweit nicht die Unabhängigkeit, sondern versuchen, die Länder in dauerhafte Abhängigkeitsverhältnisse zu bringen.
Regimewechsel
Das dritte und umstrittenste Element, das Sachs identifiziert hat, ist, dass USAID zu einer «tiefen staatlichen Institution» geworden ist, die ausdrücklich Regimewechsel fördert. Er stellt fest, dass sie sogenannte «Color Revolutions» oder Putsche fördert, die darauf abzielen, Regierungen auszutauschen, die den US-Interessen nicht dienen.
Das Aussenministerium ist in dieser Hinsicht manchmal recht offen. Als ein potenzieller Botschafter in Nicaragua im Juli 2022 vom US-Senat befragt wurde, machte er deutlich, dass er mit von USAID unterstützten Gruppen sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Landes zusammenarbeiten würde, die gegen die Regierung Nicaraguas sind. Es ist kaum überraschend, dass Nicaragua seine Ernennung ablehnte. Die fortschrittliche Regierung hat seitdem Gruppen geschlossen, die Mittel für einen Regimewechsel erhalten.
Die Bemühungen der USA um einen Regimewechsel in Lateinamerika haben eine lange Geschichte, die grösstenteils auf geheime Aktionen der CIA zurückzuführen ist. Aber seit 1990 spielen USAID und damit verbundene Einrichtungen wie die National Endowment for Democracy eine grosse Rolle. So haben sie beispielsweise seit 1990 mindestens 300 Millionen US-Dollar für den Versuch ausgegeben, die kubanische Revolution zu untergraben.
In die Bemühungen um einen Regimewechsel in Kuba war eine grosse Organisation namens Creative Associates International (CREA) involviert, von der Alan MacLeod später feststellte, dass sie ähnliche USAID-Programme in ganz Lateinamerika leitet. Derzeit ist CREA in Honduras tätig, dessen progressive Regierung unter erheblichem Druck der US-Regierung steht. CREA ist jedoch nur einer von 25 Vertragspartnern, die im Jahr 2024 Summen zwischen 32 Millionen US-Dollar und satten 1,56 Milliarden US-Dollar verdienten.
Kulturkampf
USAIDs Regimewechsel-Aktivitäten fördern oft angeblich unpolitische NROs in den Bereichen Kultur, Kunst, Gender oder Bildung, deren tatsächliches Ziel es ist, regierungsfeindliche oder US-freundliche Haltungen zu vermitteln. Beispiele gibt es genug.
In Kuba infiltrierte USAID die Hip-Hop-Szene, versuchte, eine lokale Version von Twitter zu entwickeln, und rekrutierte Jugendliche aus Costa Rica, Peru und Venezuela, die nach Kuba gehen sollten, um ein besonders unangebrachtes Projekt durchzuführen, das sie ins Gefängnis bringen könnte.
In Venezuela nahm USAID die Arbeit nach dem erfolglosen, von den USA unterstützten Putschversuch gegen Präsident Hugo Chávez im Jahr 2002 auf. Bis 2007 unterstützte es 360 Gruppen, von denen einige ganz offen potenzielle «demokratische Führer» ausbildeten. Die venezolanische Rockband Rawayana, die kürzlich einen Grammy gewonnen hat, wird von USAID finanziert, damit sie bei ihren öffentlichen Auftritten Meldungen zugunsten der Opposition vermitteln kann.
In Nicaragua richtete USAID nach der Rückkehr der sandinistischen Regierung an die Macht im Jahr 2007 Ausbildungsprogramme ein, die bis zu 5.000 junge Menschen erreichten. Viele der Ausgebildeten beteiligten sich dann 2018 an einem Putschversuch.
Astroturf Menschenrechts- und Medienorganisationen
Eine weitere Taktik ist es, politische Führungspersonen zu untergraben, die als Feinde der USA angesehen werden. Im Jahr 2004 finanzierte USAID 379 bolivianische Unternehmen mit dem Ziel, «regionale Regierungen zu stärken» und die progressive nationale Regierung zu schwächen.
Ähnliche Massnahmen wurden in Venezuela durchgeführt, u. a. wurde 2007 eine Konferenz mit 50 Bürgermeistern abgehalten, um über «Dezentralisierung» zu diskutieren und «Volksnetzwerke» zu schaffen, die sich gegen Präsident Chávez und später gegen Präsident Nicolás Maduro richten sollten. USAID gab sogar 116 Millionen US-Dollar für die Unterstützung der selbst ernannten «Interimspräsidentschaft» von Juan Guaidó aus.
In ähnlicher Weise war Nicaragua das Motiv für ein USAID-Programm, das die Glaubwürdigkeit der Wahlen im Jahr 2021 angreifen sollte. Ebenso hat USAID nach der Wahl von Xiomara Castro in Honduras ein Programm für demokratische Regierungsführung aufgelegt, um die Regierung «zur Rechenschaft zu ziehen».
Die Schaffung oder Aufrechterhaltung von konformen «Menschenrechts»-Organisationen ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von USAID. Von den 400 Millionen US-Dollar, die USAID jedes Jahr in Kolumbien ausgibt, geht die Hälfte an solche Organisationen. In Venezuela, wo USAID jährlich 200 Millionen US-Dollar ausgibt, geht ein Teil an oppositionelle «Menschenrechts»-Gruppen wie Provea. USAID finanzierte alle drei oppositionellen «Menschenrechts»-Gruppen in Nicaragua, bevor sie aufgelöst wurden, und unterstützt sie jetzt vermutlich im Exil, in Costa Rica.
Schliesslich schafft oder unterstützt USAID oppositionelle Medien, die, wie Sachs es formuliert, «auf Abruf entstehen», wenn eine Regierung gestürzt werden soll. Reporter ohne Grenzen (RSF, nach ihren französischen Initialen) meldet: «Trumps Einfrieren der Auslandshilfe stürzt den Journalismus weltweit ins Chaos». Der Bericht enthüllt, dass USAID mehr als 6.200 Journalisten in 707 Medieneinrichtungen finanziert. Im Vorfeld des Putschversuchs in Nicaragua im Jahr 2018 unterstützte USAID alle wichtigen oppositionellen Medienanstalten.
RSF gibt zwar vor, «unabhängigen Journalismus» zu unterstützen, wird aber selbst von der National Endowment for Democracy (NED), den Open Society Foundations von George Soros und der Europäischen Union finanziert – kaum neutrale Parteien.
Wenig Bedauern
So bedauern die von den USA bedrängten Regierungen in Südamerika das Ende von USAID kaum. Tatsächlich geben Oppositionsgruppen in Venezuela und Nicaragua zu, dass sie sich nach den Kürzungen der Mittel in einer «Krise» befinden.
Selbst Trumps Verbündeter, Präsident Nayib Bukele, ist skeptisch gegenüber USAID: «Während sie als Unterstützung für Entwicklung, Demokratie und Menschenrechte vermarktet werden, fliesst der Grossteil dieser Gelder in Oppositionsgruppen, NGOs mit politischer Agenda und destabilisierende Bewegungen.»
Die Beweise dafür, dass USAID die so genannte humanitäre Hilfe als Waffe eingesetzt hat, sind unbestreitbar. Doch laut US-Aussenminister Marco Rubio sind die lateinamerikanischen Länder, die Washington für einen Regimewechsel ins Visier genommen hat – Nicaragua, Kuba und Venezuela -, «Feinde der Menschheit». Daraufhin erwiderte der venezolanische Aussenminister Yvan Gil, dass die «einzigen Feinde der Menschheit diejenigen sind, die mit ihrer Kriegsmaschinerie und ihrem Missbrauch jahrzehntelang Chaos und Elend in der Hälfte der Welt gesät haben.»
Bedauerlicherweise hat USAID zu diesem Missbrauch beigetragen, anstatt ihn zu bekämpfen. Während bei USAID der Betrieb vorübergehend eingestellt wurde, wird die Mission zum Regimewechsel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fortgesetzt, wenn auch in anderen und vielleicht weniger offensichtlichen Formen.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Angela Becker vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt.