«Was verdienen Sie eigentlich?»
Es war etwas gewagt, diese Frage in der Schweiz zu stellen, in einem Land, im dem man nicht gerne über’s Geld spricht. Ich tat es trotzdem, an einer Veranstaltung im aargauischen Laufenburg.
«Wer könnte beim Bankautomaten 20'000 Franken abheben, ohne gleich ins Kontominus zu fallen?» Die Reaktion des Publikums war bemerkenswert, zuerst schauten sich alle um, wie wohl der Sitznachbar reagiert, dann gingen zögernd immer mehr Hände in die Höhe, so dass es doch die Mehrheit war, diejenigen mitgerechnet, die aus Scham nicht die Hand unten behalten wollten. Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn ich dieselbe Frage, sagen wir mal, in Neapel, Manchester oder in Stettin gestellt hätte?
Ohne Rendite gibt es kein Überleben, klare Sache. Das gilt für Einzelpersonen, Unternehmen und ... für den Staat? In einem Interview sagte der Philosoph Peter Sloterdijk sinngemäss, dass er keine Steuern zahle, sondern mit seinem Geld in den Staat investiere und deshalb sei eine entsprechende Gegenleistung zu erwarten. Interessante Überlegung, nicht? Wird der Investor aber enttäuscht, dann fragt er sich, ob er das Geld am falschen Ort anlegt. Nun sind wir beim Thema: je mehr die Stadt, der Kanton, der Staat Dienstleistungen outsourcet, umso eher muss die Frage gestattet werden, ob hier nicht der «Kunde» auch ein Wörtchen mitzureden hätte? Die gleiche Regierung des Kantons Zürich, die den Fünffrankenzuschlag auf den Schiffen einführte, beschloss vor kurzem, nicht in den Hochwasserschutz und Renaturierung zu investieren und dass die Versorgung des Grundlebenselement Wasser teilprivatisiert werden soll. Wenn der Wegzoll und das gebührenpflichtige Einatmen als nächstes eingeführt würden, dann meine Damen und Herren, frage ich mich in der Tat, ob ich noch dem richtigen Staat mein hart verdientes Geld anvertrauen soll.
Der passende Buchtipp: «Privatisierung staatlicher Infrastrukturbereiche in der ‚Sozialen Demokratie’» von Siegfried Bross, Nomos Verlag, 45 Franken.
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