Jahrhunderte prägten Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus das chinesische Verständnis von Reichtum und Verantwortung. Kaufleute des Kaiserreichs sicherten sich Ansehen nicht allein durch Handel, sondern durch Spenden an Tempel und Schulen.
Selbst die maoistische Religionsunterdrückung konnte diese ethische Grundmelodie nicht auslöschen. Seit den Reformen der 1980er-Jahre kehren spirituelle Werte leise zurück – und landen nun im Herzen der modernen Aktienmärkte.
Das Problem: Chinas Börsen waren lange berüchtigt für ihre „Eisernen Hähne“ – Firmen, die trotz dicker Gewinne keine einzige Feder, sprich: keinen Cent Dividende, herausrückten. Erst scharfe Eingriffe der Aufsicht seit 2017 zwangen viele Unternehmen zum Umdenken.
Doch warum schütten manche Firmen freiwillig großzügig aus, während andere knausern?
Die Forscher analysierten über 33.000 Unternehmensjahre von 2009 bis 2023 und kartierten buddhistische und taoistische Stätten im Umkreis der Firmensitze. Ihr Befund ist so klar wie überraschend:
Je näher ein Unternehmen an Tempeln liegt, desto spendabler ist es – mit höheren und stabileren Dividenden. Besonders private Firmen, die nicht direkt der staatlichen Dividendenpolitik unterliegen, zeigen diesen Effekt. Wo der Staat weniger lenkt, übernehmen Kultur und Werte die Rolle einer informellen Aufsicht.
Buddhismus erweist sich dabei als kräftigerer Impulsgeber als Taoismus. Kern ist die Lehre der dāna, der segensreichen Gabe: Geben reinigt, schafft gutes Karma und sichert – ganz weltlich – Reputation.
Taoistische Gelassenheit predigt zwar Maß und Balance, fordert aber kein aktives Teilen. Entsprechend schlägt sich buddhistische Großzügigkeit deutlicher in den Bilanzen nieder.
Die Forscher fanden außerdem mehr unternehmerische Verantwortung, besseren Investorenschutz und langfristig stabilere Dividenden in religiös geprägten Regionen. Kultur wirkt hier wie „weiche Regulierung“, die den formellen Rechtsrahmen ergänzt – eine unsichtbare Hand, die Firmenchefs zum Teilen anhält.
Damit kehrt sich Max Webers berühmte These von der protestantischen Ethik und dem Geist des Kapitalismus um: Auch östliche Traditionen liefern den moralischen Unterbau für profitables Wirtschaften.
Chinas „heilige Dividenden“ zeigen, dass Profit und Prinzipien keine Gegensätze sind. Zwischen Räucherstäbchen und Rendite schlägt ein gemeinsamer Takt – und manchmal läuten die Tempelglocken lauter als die Gewinnwarnungen.