Kongo: Schweiz profitiert von Korruption
Zivile Organisationen im Kongo fordern von der Schweiz die Rückzahlung der Glencore-Entschädigungen, zu denen der Zuger Rohstoffkonzern im August verurteilt worden war.
Stellen Sie sich vor, Sie werden von Ausländern – sagen wir einfach mal Chilenen – betrogen und bestohlen; die Schuldigen werden – in Chile – vor Gericht gestellt und verurteilt und müssen eine Wiedergutmachung zahlen – die zu 100% nach Chile geht. Wahrscheinlich würden Sie sich dann zum zweiten Mal betrogen und bestohlen fühlen. Doch es war nicht Chile, es war die Schweiz beim Glencore-Urteil wegen der Bestechungsaffäre des Konzerns im Kongo.
Eine Koalition zivilgesellschaftlicher Organisationen aus der Demokratischen Republik Kongo (DRK) fordert von der Bundesversammlung, die von Glencore erhaltene Entschädigung von 152 Millionen Franken an die Geschädigten im Kongo zurückzuerstatten. Denn im Moment gehen die Ersatzforderungen, welche Glencore aufgrund des Urteils der Schweizer Bundesanwaltschaft wegen korrupter Minengeschäfte bezahlen muss, in vollem Umfang an die Schweiz anstatt an die Leidtragenden in der kongolesischen Bevölkerung.
Durch Bestechung ausländischer Amtsträger konnte Zuger Rohstoffkonzern kongolesische Kupfer- und Kobaltminen für einen Bruchteil ihres tatsächlichen Marktwerts kaufen (Public Eye berichtete). Glencore nutzte die Dienste des israelischen Geschäftsmannes Dan Gertler, um seine hochprofitablen Minen-Deals einzufädeln. Dadurch entgingen der DRK 3.71 Milliarden US-Dollar, schätzt die Koalition Le Congo n'est pas à vendre (CNPAV) («Der Kongo steht nicht zum Verkauf») in einem Bericht. Gegen Glencore wurden in den letzten Jahren weitere Bestechungsvorwürfe und Umweltanklagen erhoben. Bereits 2022 hatte Glencore mit dem Kongo einen Vergleich abgeschlossen. Mit einer Zahlung von 180 Millionen Dollar wurden Ansprüche des afrikanischen Landes aus angeblichen Korruptionshandlungen zwischen 2007 und 2018 abgegolten. In Peru belegte die Umweltbehörde, dass eine von Glencore betriebene Kupfermine die Luft mit schwermetallhaltigem Feinstaub belastet, Wasser verschmutzt und die Qualität der Böden rund um die Mine erheblich verschlechtert. In Sambia musste die Glencore-Tochter Mopani Copper Mining 13 Millionen US-Dollar nachzahlen, weil ihr die OECD illegale Steuervermeidungspraktiken nachweisen konnte.
Auch wenn es als Erfolg gesehen werden kann, dass Glencore auch im Kongo zur Verantwortung gezogen wird, bleibt doch die zentrale Frage unbeantwortet: Warum fliessen die Ersatzzahlungen in die Schweiz, anstatt den Geschädigten in der kongolesischen Bevölkerung zugutezukommen? In ihrer Deklaration fordert die Koalition deshalb, dass die Schweiz die Ersatzzahlungen dorthin leitet, wo Schaden angerichtet wurde.
«Die Entscheidung der Schweizer Justiz ist zwar begrüssenswert, aber es ist unbegreiflich, dass ein Land wie die Schweiz eine Entschädigung für Wirtschaftsverbrechen erhalten wird, die in der Demokratischen Republik Kongo begangen wurden, ohne davon betroffen gewesen zu sein – im Gegensatz zur kongolesischen Bevölkerung, die die wirtschaftlichen und sozialen Folgen zu tragen hat,» so Freddy Kasongo, ein Vertreter der Koalition CNPAV und Exekutivsekretär von OEARSE (Observatoire d'Etudes et d'Appui à la Responsabilité Sociale et Environnementale). Die Geldsumme sollte stattdessen den von den Bergbauprojekten in der DRK betroffenen Gemeinden zugutekommen und in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur investiert werden.
MultiWatch unterstützt die Forderungen der Koalition CNPAV und appelliert an die Schweizer Öffentlichkeit, dieses Thema nicht zu ignorieren. Es sei höchste Zeit, dass auch in der Schweiz Lösungen gefunden werden, damit Ersatzzahlungen dieser Art den Betroffenen zugutekommen. Die Schweizer Staatskasse darf nicht von der Korruption in anderen Ländern profitieren.
Medienkontakte Koalition CNPAV
Jean Claude Mputu (Belgien): +32499810110
Freddy Kasongo (DR Kongo): +243995567001
Donat Kambola (DR Kongo): +243994834158
MultiWatch Medienkontakt
Sarah Rajuai: +41792652093
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