"Kroatischer Suez-Kanal" verschlingt 600 Millionen Euro und legt riesige Flächen trocken

Auf gigantische Kanalbaupläne in Kroatien, deren Umsetzung wertvollste Naturlandschaften zerstören würde, hat jetzt die Umweltstiftung Euronatur aufmerksam gemacht. Der geplante Kanal von Vukovar an der Donau nach Samac an der Save soll nach Information von Euronatur 61,4 km lang werden und würde insgesamt rund 600 Millionen Euro verschlingen. Die Umweltstiftung Euronatur wies darauf hin, dass für den Donau-Save-Kanal 3.417 Hektar Ackerland, Wälder und Flüsse und 185 Gebäude verschwinden sollen. Beim Aushub würden 48 Millionen Kubikmeter Material anfallen, eine Menge, mit der 18 Cheops-Pyramiden gebaut werden könnten oder eine zwei Meter hohe und einen halben Meter breite Mauer einmal um den Äquator.


Das gigantische Projekt geht auf Pläne aus dem 18. Jahrhundert zurück und wird als «Kroatischer Suez» bezeichnet. Verbunden wird damit von den Befürwortern des Kanalbaus der Traum von der kürzesten Wasserstraße von der Donau zur Adria. «Der jetzt geplante Abschnitt ist nur der erste Schritt eines Schifffahrtskanals von der Donau bis an die Adria. Aber schon die Realisierung dieses ersten Schrittes würde zu einer immens hohen Verschuldung Kroatiens mit unabsehbaren ökonomischen und ökologischen Folgelasten für die Europäische Union und zu dramatischen Eingriffen in Landschaften und Ökosysteme führen», betont C.-P. Hutter, Präsident der Stiftung Euronatur. Die Stiftung setzt sich seit ihrer Gründung vor 20 Jahren für den Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Save-Auen ein.


Selbst nach den optimistischen Prognosen der Kanalplaner werden 30 Jahre nach der Eröffnung des Donau-Save-Kanals, also frühestens im Jahr 2050, nur 5 - 15 Schiffe pro Tag den Kanal nutzen. «Ein wahnwitziges Projekt, bei dessen Realisierung Europa nicht tatenlos zuschauen darf», so Hutter. Da die Schiffe nicht einmal bis zur Adria fahren können, müssen die Güter in Bosnien oder in der Nähe von Zagreb auf die Bahn verladen werden. Euronatur fordert deshalb als Alternative zum naturzerstörerischen Donau-Save-Kanal den Ausbau des kroatischen Donauhafens Vukovar. Dort könnten die Güter für den Weitertransport auf die Bahn verladen werden.


«Es ist verantwortungslos einen 61 km langen Kanal durch einen der schönsten und ökologisch wertvollsten Eichenwälder Europas zu baggern», betont Euronatur Projektleiter Dr. Martin Schneider-Jacoby, «denn allein die Zinsen für die über 600 Millionen Euro Baukosten werden den Transport auf dem Kanal so verteuern, dass es mit der Eisenbahn wesentlich günstiger ist ab Vukovar nach Zagreb, Ploce oder Rijeka an der Adria zu fahren.»


Städte und einmalige Naturlandschaften bedroht

Neben der Schifffahrt soll der "Vielzweckkanal Donau-Save" aber auch zur Trockenlegung von 173.000 Hektar in der Spacva-Bosut-Niederung eingesetzt werden, eine Fläche drei mal so groß wie der Bodensee, beklagt man bei Euronatur. Der Kanal gefährdet hier neben den Eichenwäldern, deren Holzvorrat schätzungsweise eine Milliarde Euro wert ist, auch die Hochwasserschutzfunktion für das Donaueinzugsgebiet. Gerade nach den dramatischen Hochwässern an der Donau und Save in den Jahren 2004 und 2006 wird jeder Hektar Speicherraum benötigt, so die Umweltschützer, die für nachhaltige Entwicklung plädieren. Die Vernichtung eines Hochwasserspeichers mit etwa einer halben bis einer Milliarde Kubikmeter wie der Spacva-Bosut-Niederung würde nach Vorhersagen von Euronatur nicht nur Städte an der Save, sondern auch flussabwärts an der Donau gefährden.

Euronatur kritisiert heftig, dass der jetzt veröffentlichte Raumplan sich nur auf eine Fläche von 10.600 ha bezieht. Die großflächig wirkenden Eingriffe werden vom amtlichen Raumplan gar nicht erfasst. Es handelt sich um eine Landschaft von europäischer Bedeutung, die seltenen Arten wie Seeadler, Schreiadler, Schwarzstorch, Schwarzstirnwürger und Sperbergrasmücke, Fischotter, Biber sowie zahlreichen Fisch- und Amphibienarten wie zum Beispiel der Europäischen Sumpfschildkröte eine Heimat bietet. Das Gebiet hat alle Voraussetzungen um als Naturpark nachhaltig entwickelt zu werden. Doch bis heute fehlt ein entsprechender Schutzstatus.


Bayern als Vorbild

Besonders erschreckend ist, dass in Kroatien der Rhein-Main-Donau-Kanal als Vorbild für den Donau-Save-Kanal gilt und immer wieder bayerische Politiker und Kanalbauer als Lobby für den Bau des "Kroatischen Suez" herangezogen werden. Das Interesse der Bayern wird in Kroatien als ein Beweis für die Machbarkeit und Notwendigkeit des Projektes gesehen. Dabei unterscheidet sich der Donau-Save-Kanal grundsätzlich von seinem deutschen Vorbild, da bei niedrigem Wasserstand sogar Wasser in den Kanal gepumpt werden muss. Außerdem wird er nicht das Mittelmeer mit der Nordsee oder dem Schwarzen Meer verbinden, sondern nur die Häfen in Nordbosnien mit der Donau. Trotzdem hoffen die Kroaten bei der Finanzierung des Kanals auf bayerische Hilfe. Bisher hat die kroatische Regierung bereits über 10 Millionen Euro für die Planung des Kanals ausgegeben.

Euronatur setzt sich seit 20 Jahren für den Schutz der Save-Auen ein. Das nachhaltige Hochwasserschutzsystem an der Mittleren Save um Zagreb, an deren Optimierung Euronatur mit der Kroatischen Wasserwirtschaft zusammengearbeitet hat, gilt heute mit über 100.000 Hektar Speicherfläche als Modell für den intelligenten Hochwasserschutz weltweit. In diesem Auengebiet, das fast doppelt so groß ist wie der Bodensee, liegt auch der Naturpark Lonjsko Polje, in dem Besucher den natürlichen Reichtum unserer mitteleuropäischen Flusstäler erleben können. Der Bau des Donau-Save-Kanals würde sehr wahrscheinlich den Ausbau der Save nach sich ziehen und auch dieses einmalige Schutzgebiet gefährden.
Euronatur hat sich deshalb an alle Abgeordneten des kroatischen Parlaments gewandt und außerdem die Donauschutzkommission aufgefordert, die kroatische Planung zu überprüfen. Auch die kroatische Forstgesellschaft hat sich mit einem dramatischen Appell an die Regierung gewandt, um die einmaligen Niederungswälder mit ihren berühmten Slawonischen Eichen vor den gravierenden Eingriffen in den Wasserhaushalt zu bewahren. Zugleich will Euronatur die Europäische Union einschalten, damit das Beitrittsland Kroatien keine ökonomischen Altlasten von morgen schafft und Natur unwiederbringlich zerstört. "Die einzige sinnvolle Lösung wäre die Aufgabe des Donau-Save-Kanals und die Organisation des Gütertransports von Vukovar nach Rijeka und Ploce mit der Bahn", schreibt Petar Jurjević, der Päsident der Forstgesellschaft Kroatiens.

Quelle: Stiftung Europäisches Naturerbe (Euronatur)

http://www.euronatur.org