Zu zweit um die Welt, zu dritt zurück

Viele Paare sind schon um die Erde gereist – aber kaum eines ist mit Nachwuchs heimgekehrt. Gwen Weisser und Patrick Allgaier haben ihre Reise mit der Kamera dokumentiert.

Wir warten sieben Stunden, bis überhaupt ein Auto kommt. Kirgistan, Juni 2013. (Foto: zvg)

Diese Geschichte hat sich schon tausendfach zugetragen: Ein junges Paar packt seine Siebensachen und das gesparte Geld und macht sich auf, die Welt zu entdecken. Gwendolin Weisser aus Freiburg im Breisgau, Jahrgang 1992, hat das Abitur hinter sich und bereits halb Europa per Anhalter bereist. Sie engagiert sich bei einer Jugendfilmgruppe – und da lernt sie den freien Kameramann Patrick Allgaier kennen; er ist neun Jahre älter als sie.

Sie werweissen und lesen sich ein, sie planen und packen ihre Rucksäcke, die Kamera muss mit. Im März 2013 ziehen sie los, halten den Daumen hoch. Fliegen wollen sie nie. Sie wollen nichts überspringen, sondern Menschen in ihrem Alltag kennenlernen, denen sie unterwegs begegnen: Balkan, Moskau, Zentralasien, Kaukasus, Iran. Dann stehen sie vor der Grenze zu Pakistan. Dahinter sei es sehr gefährlich, heisst es. Sie vertrauen in das Gute und reisen ein. Fünf Wochen verbringen sie in diesem Land, das so anders ist als die Nachrichten uns weismachen wollen. Dann wieder weiter, der Nase lang: Indien, Nepal, China, die Mongolei.

Wir lernen Grenzen kennen. Wir wollen lernen, was Verzicht und was Genuss bedeutet, und wir versuchen, nicht mehr als 5 Euro am Tag auszugeben.

Bis Irkutsk am Baikalsee reisen sie, bis zur Überraschung: Gwendolin ist schwanger. Die beiden sind fast zwei Jahre unterwegs, aber ihre Reisepläne sind nun obsolet. Der Geburtsort soll Mexiko sein. Sie reisen weiter, buchen eine Passage über den Pazifik auf einem Frachtschiff, kaufen drüben einen alten VW-Bus, bauen ihn zu einem mobilen Zuhause um. Bruno kommt im Mai 2015 zur Welt. Die Eltern drosseln das Reisetempo, erkunden Mittelamerika, arbeiten in Projekten, die sie inspirieren. Dann kommt die letzte Hürde: der Atlantik. In Barcelona entscheidet das Paar: wir kehren zu Fuss heim. Nochmals entschleunigen, damit all das Erlebte Revue passieren darf. Andere gehen den Jakobsweg, die kleine Familie geht die 1200 Kilometer in der Gegenrichtung und nähert sich Schritt für Schritt der Heimat an. Sie wird ihnen fremd vorkommen.

Die Dokumentation. Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier sind heimgekommen, müssen sich wieder einleben, einfühlen, müssen das Leben neu definieren. Und sie wollen, dass andere an ihrem aussergewöhnlichen Unternehmen teilhaben können, nicht nur Familie und Freunde, für die die beiden ihre Reise dokumentiert haben. Ihr Film «Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt» fasst alles in Bildern zusammen. 50 000 Kilometer sind sie gereist, ohne zu fliegen und mit kleinem Budget: per Daumen über Land, mit dem Schiff übers Meer, dreieinhalb Jahre, angetrieben von Neugier und Spontaneität.

Und wie der Film einschlug! In vier Monaten sahen ihn 240 000 Menschen, im September erhielt er den Gilde-Preis «Kinophänomen des Jahres 2017». Auch die Medien waren des Lobes voll. «Eine Hommage an die Menschheit», schrieb die Badische Zeitung; das Paar zeige, «wie spielerisch leicht sich kulturelle Grenzen überwinden lassen, wenn man bereit dazu ist». Das SWR-Fernsehen meinte, die Geschichte ihrer Reise mache Hoffnung. «Es ist in dieser Zeit genau die richtige Antwort auf Misstrauen, Angst und Fremdenhass.»    

www.weitumdiewelt.de
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