Reichtagssturm abgewehrt – Demokratie gerettet!

Mathias Bröckers ist Journalist, Blogwart, digitaler Berater und Sachbuchautor. In seinem Blog geht er der Frage nach, wieso eine friedliche Massenkundgebung gegen Coronamaßnahmen in Berlin vor bald einer Woche als «Sturm auf den Reichstag» dargestellt werden konnte.

Quelle: YouTube

Wie schafft man es, einen friedlichen Massenprotest gegen die Coronamaßnahmen so zu kontaminieren, dass die Medien nicht über eine Demonstration von Hundertausenden, sondern von einem “Sturm” auf den Reichstag berichten?

Ganz einfach: man genehmigt einem Verein von Reichsbürgern eine Bühne direkt am Reichstagsgebäude (Anmelder: Ex-NPDler Rüdiger Hoffmann) und platziere am Westeingang trotz polizeilichem Großaufgebot überall in der Umgebung ganze drei Polizisten. Dann läßt man eine durchgeknallte Q-Anon-Tussi (laut Tagesspiegel eine Heilpraktikerin aus der Eifel) ins Mikrofon kreischen, dass Donald Trump die Freiheit ausgerufen hat, dass die Polizisten ihre Waffen abgelegt haben und man jetzt die Treppen des Reichstags besetzen soll – und schon hat man die Bilder, die die Berichterstattung dominieren: ein Mob von ein paar Dutzend mit Schwarz-Weiss-Roten Fahnen, die “den Reichstag stürmen”.

Dass die große Demonstration und Veranstaltung von “Querdenken 711” an der Siegessäule mit diesem Event einer rechtsextremen Splittergruppe absolut nichts zu tun hatte, ist dann nicht mehr der Erwähnung wert. Denn schon im Vorfeld war die Demonstration ja als Veranstaltung von Reichsbürgern und Aluhut-Irren diffamiert worden und jetzt lieferte man eben die passenden Bilder dazu – und die SPD-Vorsitzende macht aus ein paar Dutzend Zehntausende, die den “Umsturz” vorbereiten:

Auch Parlaments-Oldie Wolfgang Schäuble rollt ans Mikro und sieht “unsere Demokratie” in Gefahr und wenn man die Kommentare von den Zeitungen taz bis FAZ liest, dann waren ein Häufchen Reichsbürger und Fernsehkoch Attila schon drauf und dran wie einst Adolf die Macht im Staat zu übernehmen – was nur dank des beherzten Einsatzes der Polizei, die für “unsere Demokratie den Kopf hingehalten hat” (SPD-Politikerin Saskia Esken) gerade noch verhindert wurde.

Abgesehen von der heldenhaften Verteidigung des Parlaments durch drei Musketiere agierte die Polizei aber keineswegs so, wie es bei einer vom höchsten Gericht genehmigten und absolut friedlichen Demonstration geboten wäre. Sie behinderte den Aufzug quer durch die Innenstadt und löste ihn dann auf, weil die Teilnehmer sich nicht an die Auflagen gehalten haben sollen. Doch ist das wirklich so? In einer Spezialausgabe von des 3. Jahrtausends werden die Geschehnisse ausgewertet – gemeinsam mit den beiden Organisatoren, Nils Wehner und Nadine Müller.
 

Der Artikel ist im Blog von Mathias Bröckers erschienen