Das volle Geständnis
Ein Polizist kommt selten allein. Der zündende Blick in die Augen der Frauen. Eines ist sicher: Die Frauen stehen auf unseren Musikern. Es bleibt die Frage: Nimmt die Geschichte ein gutes Ende?
Da zahlreiche Leser und Leserinnen unbedingt wissen wollten, wie es nach meiner Begegnung mit der Frau im Kaffee weiter ging (siehe letzte Kolumne), habe ich mich entschlossen, hier das volle Geständnis abzulegen.
Was bisher geschah: Ich sass draussen in einer Beiz. Ich bestellte einen Cappuccino. An den Nachbarstisch setzte sich eine Frau, die mir sehr gefiel. Sie bestellte sich auch einen Cappuccino, was mir zeigte, dass wir denselben Geschmack haben müssen. Ich beobachtete sie unauffällig über den Zeitungsrand. Wegen der ganzen Aufregung um diese Frau wurde mir speiübel und ich musste rein ins WC rennen und den Cappuccino wie eine Welle rauslassen.
Und das geschah danach: Als ich wieder aus dem Café herauskam, standen ein Polizist und eine Polizistin bei meinem Tisch. Sie sagten, sie müssten mich mit auf den Posten nehmen. Die Frau nebenan habe sie alarmiert, weil sei von mir belästigt worden sei. Bevor ich auch nur Pieps sagen konnte, packten sie mich an den Armen und führten mich ab.
Der Polizist war sehr blauäugig und die Polizistin hatte braune Augen. Sie gefiel mir auf anhieb. Deshalb hoffte ich, dass ich von ihr verhört werden würde, was dann auch geschah. Zum Glück war der Weg zur Polizeikaserne nur kurz, zirka 500 Meter, was meiner Kondition entsprach.
Ich wurde in einen Verhörraum geführt. Bei der Befragung hatte die Polizistin immer ein sehr sympathisches Lächeln drauf und eine sehr sanfte mütterliche Stimme. Sie gefiel mir immer mehr. Und ich wusste natürlich auch, dass sie was im Kopf haben musste, sonst hätte sie es ja nicht zur Polizei geschafft. Zudem konnte sie wahrscheinlich schiessen.
Die dumme Kuh aus dem Kaffee hatte ich da schon längst vergessen. Ich erzählte der Polizistin genau was geschehen war, nämlich das mir diese Frau aus dem Kaffee ursprünglich sehr gefallen habe und das die so Leggins trug mit etwas drauf, das wie Mäuse aussah, die an etwas nagen, und dass ich eben gerne heraus gefunden hätte, was auf den Leggins gedruckt war. Und dass ich die Frau dann über den Zeitungsrand beobachtet hatte. Und dass ich diese Frau mittlerweile eine dumme Kuh finde und dass ich neuerdings sie (die Polizistin) mega sympathisch fände.
Glücklicherweise bestätigte sie mich darin, dass es nicht strafbar ist eine Frau über den Zeitungsrand zu beobachten. Zum Schluss fragte sie mich noch, was ich den von Beruf sei. Ich sagte Musiker. Darauf fragte sie mich noch, ob ich denn nicht noch etwas Richtiges lernen wolle, sie suchten immer Leute bei der Polizei. Sie gab mir einen Prospekt und gab mir trotz Pandemie ihre warme Hand. Ich überlege mir im Fall echt, zur Polizei zu gehen. Sie sah mich scheinbar als fähig an. Und ich kann euch was sagen: Diese Polizistin geht mir seither nicht mehr aus dem Kopf.
von:
Über
Anton Brüschweiler
Anton Brüschweiler ist Musiker, Veranstalter von Anlässen mit Geheimtipp-Potenzial in der Chäsi Gysenstein und Autor des Buches «Das AntWort – die Wahrheit des Absurden», eine Sammlung von lebensrettenden Weisheiten in einer verrückten Welt.
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