Die Zweifel an der ukrainischen Führung nehmen zu

Obwohl es eine eigene Rakete war, die in Polen einschlug, forderte die Ukraine Massnahmen der Nato und brachte den Krieg in der Ukraine in gefährliche Nähe des «Bündnisfalls». Immer mehr Politiker halten die Provokationen der Ukraine inzwischen für gefährlich.

Auf diesem Bauernhof im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine schlug die Rakete ein und tötete zwei Menschen (Bild: Screenshot)

Obwohl innerhalb weniger Stunden klar wurde, dass die in Polen niedergegangene Rakete ukrainischen Ursprungs war, beschuldigt Präsident Selenski nach wie vor Moskau und fordert von der Nato Massnahmen.

Polen solle jetzt seine Haltung zum Krieg überdenken, fordert dagegen Jaroslaw Pakula, der ehemalige Vorsitzende des Stadtrats von Lublin, dem Sitz der Region, wo die ukrainische Rakete einschlug.

Pakula, bisher ein entschiedener Unterstützer der Ukraine, sagte, der Raketenunfall zeige, dass Warschau eine klare Botschaft an Kiew senden müsse, anstatt seinen eigenen Bürgern «Märchen» zu erzählen.

«Natürlich ist dies eine ukrainische Rakete. Natürlich ist dies eine Provokation seitens der ukrainischen Behörden», schrieb Pakula auf seiner Facebook-Seite.
«Die Rakete konnte nicht aus Versehen 100 km in die entgegengesetzte Richtung abgefeuert werden», sagte er. Der Vorfall sei ein Versuch, die EU zu erschrecken, damit sie mehr Geld in die Ukraine schicke.

Pakula forderte, dass die Regierung in Warschau dieses Verhalten der Ukraine nicht länger hinnehme: «Ich fordere Sie auf, Polens Position [bezüglich] dieses Krieges zu überdenken, falls die rote Linie erneut überschritten wird!»

Bemerkenswert ist diese Meldung aus der Financial Times

Als Reaktion auf die Äusserungen Selenskis sagte ein Diplomat eines Nato-Landes in Kiew gegenüber der Financial Times: «Das wird langsam lächerlich. Die Ukrainer zerstören [unser] Vertrauen in sie. Niemand gibt der Ukraine die Schuld, und sie lügen ganz offen. Das ist noch zerstörerischer als die Rakete.»


Auch als Einigkeit über den ukrainischen Ursprung der Rakete herrschte, behauptete Selenski weiterhin, die Rakete sei von Russland abgefeuert worden. Zur Zeit besteht die ukrainische Position darin, eine führende Rolle bei der Aufklärung spielen zu dürfen.


Quellen:
John Paul Watson/Summit News: Polish Politician Blames Ukraine For Missile “Provocation”. 17.11.2022
CNN: Inside the US scramble to run down the facts as the Russia-Ukraine war spills into NATO territory. 17.11.2022


Kommentar Christoph Pfluger:

Entscheidend in der Raketengeschichte ist die Frage, ob der Einschlag der ukrainischen Rakete durch Zufall oder Irrtum oder aber mit Absicht und evt. unter Mitwisserschaft von US-Geheimdiensten erfolgt ist, um mit einer Aktion unter falscher Flagge eine Eskalation des Krieges herbeizuführen.

Für die zweite Variante spricht die Tatsache, dass die Forderung nach Massnahmen der Nato unmittelbar nach dem Anschlag erhoben wurde und sich die erste Meldung von Associated Press über den Vorfall auf eine ungenannte Quelle der US-Geheimdienste bezog («senior U.S. intelligence official»), die behauptete, die Rakete sei von Russland abgefeuert worden, obwohl sich kurz darauf herausstellte, dass dies unwahr war.

Es ist unwahrscheinlich, dass innerhalb kürzester Zeit und unvorbereitet eine Absprache zwischen der Ukraine und den USA betreffend eines Vorfalls stattgefunden hat, der das Potenzial hat, den Bündnisfall auszulösen. Wahrscheinlicher ist eine geplante Provokation, um Wege zu einer Eskalation und die Reaktion der Politik zu testen. Aber das bleibt vorderhand eine Vermutung.

Eine Eskalation ist auch für die USA unter dem Gesichtspunkt notwendig, dass die Ukraine trotz grösster Unterstützung des Westens in einer bevorstehenden russischen Winteroffensive kaum verteidigungsfähig ist. Die USA stehen vor der Alternative, die Niederlage anzuerkennen oder den Krieg zu eskalieren.

Als vorläufigen Mittelweg, empfehlen sie der Ukraine, mit Russland zu verhandeln, wohl wissend, dass sich Selenski diese Möglichkeit per Dekret verbaut hat.

Vor vier Tagen haben in Ankara Gespräche zwischen dem CIA-Chef William Burns und Sergei Naryschkin stattgefunden, Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR. Nach Darstellung des Weissen Hauses warnte Burns Naryschkin vor einem Einsatz von Nuklearwaffen. Nach russischen Informationen hat das Treffen auf Initiative der USA stattgefunden.

Das würde zur gegenwärtigen Situation passen. In ihrer schwierigen Lage sind die USA eher auf Gespräche angewiesen als Russland, das die Zeit auf seiner Seite hat.

17. November 2022
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