Zentralbanken drängen zur «kontrollierten Auflösung der Wirtschaft»
Die Zinssteigerungen schwächen vor allem Regionalbanken, die dann von den Grossbanken – grosszügig gepolstert von staatlichen Einrichtungen – geschluckt werden. In den USA wird dabei wie in der Schweiz geltendes Recht gebrochen.
Letzte Woche erhöhten Federal Reserve und EZB die Zinssätze um einen Viertelpunkt, offenbar ohne Bedenken darüber, was dies für eine bereits schrumpfende Wirtschaft und für das Bankensystem, wo die Welle von US-Bankenpleiten keineswegs unter Kontrolle ist, bedeutet.
Die Fed hat die Zinssätze in einem Jahr um 5% angehoben – das ist beispiellos, seit Paul Volcker 1980-81 seine selbsterklärte «kontrollierte Desintegration der Wirtschaft» betrieb. Jede Zinserhöhung bedeutet automatisch einen Vverlust von Vermögenswerten und Kapital der Banken. Was bezwecken die Zentralbanken damit?
Was sich in Amerika abzeichnet, ist die Vernichtung der Orts- und Regionalbanken durch Megabanken, die sie schlucken. Dabei folgen die Finanzbehörden dem Credit-Suisse-Modell: Die CS, die zweitgrösste systemrelevante Bank der Schweiz, wurde durch eine Übernahme durch die grösste systemrelevante Bank UBS gerettet. Eigentlich war es eine staatliche Rettungsaktion, da die UBS Garantien von über 200 Mrd. Franken erhielt. Jetzt gibt es nur noch eine einzige grosse Bank in der Schweiz, die UBS, und ihre Erpressungsmacht ist grösser als je zuvor.
Marc Chesney, Professor für Finanzen an der Universität Zürich, sagte am 2.5. gegenüber Swissinfo:
Es gibt ein achtes Mitglied im Bundesrat [der Regierung]. Er wurde nicht gewählt. Er ist mächtiger als die anderen. Er ist der CEO der UBS.
Auch in den USA: Notrecht legitimiert faktischen Diebstahl
In ähnlicher Weise hat die US-Einlagenversicherung FDIC die Übernahme der First Republic Bank durch JP Morgan eingefädelt, wie wir letzte Woche berichteten, abgestützt durch umfangreiche Staatsgarantien. JPMorgan erhielt laut Wolf Street etwa 200 Mrd.$ an Aktiva der First Republic und nur 92 Mrd.$ an Passiva (Einlagen).
Hinzu kommt ein fünfjähriges Darlehen der FDIC über 50 Mrd.$ zum Ausgleichen der Einlagen, darunter 30 Mrd.$, die JPMorgan selbst und andere Grossbanken vor einem Monat in die First Republic gesteckt hatten.
Darüber hinaus sagte die FDIC zu, sich an etwaigen Verlusten für JPMorgan durch diese Vermögenswerte zu beteiligen. Deshalb fielen die Aktien des Unternehmens am Dienstagmorgen nur um etwa 1,5%.
Da JPMorgan bereits mehr als 10% aller Einlagen im US-Bankensystem besass, war die Übernahme nach dem Dodd-Frank-Gesetz eigentlich verboten. Aber die FDIC erklärte einfach eine Notfall-Ausnahme.
Die Bakenkrise ist gewollt
Die Haie der Wall Street beschleunigen den Niedergang der US-Regionalbanken, indem sie deren Aktien auf dem Terminmarkt leerverkaufen. Wie Wall Street on Parade berichtet, standen Silvergate und First Republic Ende März auf der Liste, First Republic dabei auf dem ersten Platz. Nummer 2 auf der Liste ist PacWest, auf den Plätzen 6 und 7 folgen Comerica Inc. und Western Alliance Bancorporation (vollständige Liste). Der Marktwert dieser Banken bröckelt jetzt.
Welche «systemrelevante» Bank wird man zur Rettung der nächsten bankrotten Regionalbank heranziehen - getarnt als Übernahme («eine Marktlösung»)? Wie lange kann die Fed die Zinssätze noch erhöhen und die FDIC mit Steuergeldern Garantien abgeben?
«Wir erleben eine Umkehrung dessen, was als ,sichere‘ Bank gilt», sagte der Ökonom Mohamad El-Arian auf CNBC-TV (Bezahlschranke) «Es stellt sich heraus, daß die Banken, die einst als zu groß zum Scheitern, zu groß zum Managen galten, jetzt die sicheren Banken sind, sicherer als die reinen Geschäftsbanken.» Er hat Recht: Banken sind sicher, wenn sie eine monströse Größe erreicht haben, spekulieren und keine Kredite vergeben!
Die Megabanken sind jetzt dank der Fed so groß, daß im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer der «großen Sechs» oder der internationalen «Primärhändlerbanken» der Fed der Knall so groß sein wird, daß die 300- Billionen-Dollar-Schuldenblase platzt und die transatlan- tischen Volkswirtschaften ein Trümmerfeld sind.
Noch wichtiger ist, daß die Regionalbanken der Motor für die Kreditvergabe an die Realwirtschaft waren, während die Megabanken Einlagengelder für Spekulation verwenden. 85% der Kredite an Unternehmen im Rahmen des «Paycheck Protection Program» (PPP, das unter Trump eingeführte Programm für Unternehmenskredite) wurden 2020-21 von örtlichen und regionalen Banken vergeben, die weniger als ein Drittel der Einlagen des Systems auf sich vereinen. Nicht einmal 10% dieser Kredite wurden von Wall-Street-Banken vergeben, die über zwei Drittel der Einlagen verfügten.
Somit zeichnet sich eine Verschärfung der Kreditklemme ab, während die Wirtschaft lahmt. Die Kernaufträge im verarbeitenden Gewerbe gingen im März um 0,7% zurück, wie bereits im Februar. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie lag Mitte April mit 47,1 Punkten im Minus. Die Umfrage der US-Notenbank zu den offenen Stellen war im dritten Monat rückläufig.
Der Text stammt mit Zustimmung des Verlags aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.
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