«Die Politik ist zu gruusig»
Sie standen für Freiheit und gegen die Coronamassnahmen ein. Nun wollen sie in die Politik und scheuen sich nicht vor ausländerfeindlichen Parolen: Die Bürgerrechtsbewegung auf Abwegen.
In drei Dingen gehe ich mit den Bürgerrechtsbewegungen einig: Die Kritik an den überzogenen Coronamassnahmen. Die Kritik an einer Klimapolitik, die einzig auf die CO2-Reduktion fokussiert. Die Kritik an Wokeness, die solche Phänomene wie das Gendern, die Zensur von Karl-May-Romanen oder die forcierte Geschlechtsumwandlung umfasst.
Beim vierten Thema, die Teile der Bürgerrechtsbewegung bespielen, bin ich aber draussen: Ausländerfeindlichkeit geht für mich gar nicht. Ich habe selber Migrationshintergrund. Ich verdanke der Schweiz viel, habe diesem Land aber auch viel gegeben. Das ist bei den meisten Arbeitsmigranten so. Und den Grund für die vielen Asylgesuche sehe ich in den Kriegen, die der Westen im Globalen Süden führt, die Unterstützung von Diktaturen daselbst und die Ausbeutung derer Bodenschätze. Hier teile ich die Haltung des Schweizer emeritierten Professors Jean Ziegler, der in zahlreichen Büchern und Vorträgen immer wieder auf die Mitschuld des Westens am Versagen des Südens dokumentiert hat.
Ich habe mich immer wieder dagegen verwehrt, dass wir Massnahmenkritiker in die rechte Ecke gedrückt wurden. Ich und viele andere, die an den grossen Demonstrationen teilnahmen, haben eine linke Vergangenheit: Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, Garantie auf Selbstbestimmung, das trieb uns gegen die diktatorischen, evidenzlosen Coronamassnahmen auf die Strasse.
Wir wurden als rechts und Nazis verschrien. Nur wird leider heute die Bürgerrechtsbewegung, besser gesagt, einige ihrer lautstarken Exponenten, teilweise den Vorwürfen gerecht.
Nicolas Rimoldi macht auf einer Österreichreise Halt beim Geburtsort Adolf Hitlers und gibt vor, nicht gewusst zu haben, wo er es sich befindet. Wie Christoph Pfluger auf Zeitpunkt-Online schlussfolgerte Rimoldi nur so, als hätte er von nichts gewusst. Als Daniel Stricker von Stricker.TV-Rimoldi befragt, wieso er sich auf seinem Werbe-Video mit jungen Männern umgibt, die naziähnliche Haarschnitte haben, meint Rimoldi sinngemäss: «Jeder kann die Haare nach seinem Modeverständnis tragen.»
Und wieso er so heiser krächze auf den Videos mit einer Stimme, die auch an jene unferne Zeit erinnere, fragt Stricker. Rimoldi: «Andere lesen vom Prompter ab, ich spreche aus dem Herzen.»
In Österreich hat Rimoldi übrigens nicht Verwandte besucht, sondern war Teilnehmer an einer Demonstration für «Remigration». Für Dani Stricker von Stricker.TV ist Remigration die lateinische Version für «Ausländer raus!» und «klar rechtsextrem», wie er Rimoldi in der obgenannten Sendung vorwirft.
Zum Thema Remigration äussert sich Rimoldi auf seinem Telegramkanal wie folgt: «Was haben Corona und Remigration miteinander zu tun? Alles! Der Angriff globaler Eliten auf Freiheit und Souveränität kommt von allen Seiten.» Oh wirklich? Wie gesagt: Wo die Parole «Ausländer raus» heisst, gehe ich nicht mehr mit.
Ich habe nichts gegen Rimoldi. Er ist eine Ikone des Widerstands. Wie er sich auf zahlreichen Videos mit seiner hohen Gestalt und den langen Haaren gegen die Polizei an Coronademos entgegenstellt: Einfach genial! Aber wieso er sich jetzt den Rechten zu Füssen wirft, verstehe ich ganz persönlich nicht.
Genauso wenig goutiere ich übrigens die Listenverbindung von «Aufrecht Schweiz» mit den Schweizer Demokraten (SD) und der Eidgenössisch-Demokratische Union. Die SD fürchtet sich vor Überbevölkerung und einer Islamisierung der Schweiz. Die EDU, die von Freikirchen getragen wird, will die Abtreibung unter Strafe stellen. Patrick Jetzer und Robin Spiri von Aufrecht Schweiz möchten sich gegenüber dem «Zeitpunkt» nicht zu den Zielen ihrer Listenpartner äussern.
Abgesehen von der Rechtslastigkeit der (einstigen) Freiheitskämpfer spielt sich im Hintergrund ein wüstes Hickhack um Listenverbindungen ab. So distanziert sich die Zürcher Sektion von «Aufrecht Schweiz» zwar von Rimoldi «wegen Pyrofackeln und einer bedenklichen Bildersprache», wird von den beiden Listenpartnern EDU und SD überstimmt. Rimoldi bleibt also Listenpartner von «Aufrecht Schweiz» gegen deren erklärten Wille.
Und eine stolz verkündete Partnerschaft mit «Pro Schweiz», in der so illustre Gestalten wie Alt-Nationalräte Christoph Mörgeli oder Adrian Amstutz vertreten sind, muss «Aufrecht Schweiz» nur Stunden später wieder revidieren. «Pro Schweiz» verstehe sich nicht als «beständigen» Kooperationspartner, sondern entscheide von Fall zu Fall, welche Kandidaten die Vereinigung portiere.
Stricker wollte mit seiner «Freiheitspartei» im Herbst ebenfalls in den Wahlkampf ziehen. Seine Partei konnte allerdings nur rund 350 Mitglieder anziehen – bei seiner grossen Reichweite eine eher bescheidene Ausbeute. Auch Stricker hat Kämpfe mit einstigen Weggenossen hinter sich, die er teils live auf seinem Kanal ausfocht. Er verzichtet auf eine Kandidatur. Statt von seiner Partei spricht er nun von «Kulturverein», der die Menschen lehren soll, die Freiheit wieder zu lieben. Strickers Begründung. «Die Politik ist zu gruusig.»
Dem ist nichts beizufügen.
von:
Kommentare
was ist alles gruusig
- Anmelden oder Registieren, um Kommentare verfassen zu können
Es stand doch sicher allen…
- Anmelden oder Registieren, um Kommentare verfassen zu können
AUSLÄNDER RAUS
Liebe Samia Guemei
Sie schreiben, ich würde mich "den Rechten" zu Füssen legen.
Gerne kläre ich Sie auf: Gegen die illegale Masseneinwaderung kämpfe ich seit 11 Jahren, war in der SVP-Parteizeitung gegen die BGI und auch sonst aktiv für die SBI. Ich stand schon immer ein gegen eine harte Migrationspolitik. Insofern ist Ihr Eindruck, ich würde mich im Wahlkampf "anbiedern" gegründet auf unvollständigen Informationen. Ich bitte Sie, dies zu berichtigen.
Desweiteren haben über 100 Mitglieder am Wahlprogramm thegreatfreeset.ch mitgeschrieben und alle 75 Kandidaten sich diesem verpflichtet. Gut 10 Mitglieder waren an der Remigrationsdemo in Wien. Es ist also faktisch falsch, nur von "Rimoldi, Rimoldi, Rimoldi" zu schreiben. Als Präsident vertrete ich den Willen der Mitglieder. Auch hier bitte ich Sie, dies zu berichtigen.
In einem Folge-Artikel diskreditieren Sie die Bewegung MASS-VOLL! weiterhin als "rechts": https://zeitpunkt.ch/scheiterte-die-buergerrechtsbewegung-weil-sie-auf-….
Dass Urs Hans "aufdeckte", dass ein Photograph der Jungen Tat mit dabei war, fand ich sehr lustig. Alle Anwesenden kannten seine Identität und hierüber machten wir auch kein Geheimnis. Wir wolllen aber die Leistung von Meisterdetektiv Urs Hans nicht schmälern.
Zu guter letzt: Was fällt ihnen ein, "Remigration" mit "Ausländer raus" zu übersetzten? Das als Fakt in die Welt zu stellen ist eine Frechheit und eine Beleidigung. MASS-VOLL! besteht seit Gründung aus vielen Ausländern, mich eingeschlossen. Es ist eine Sache, wenn Sie sich von dummer Propaganda manipulieren lassen, es ist jedoch eine ganz gravierende Sache, wenn Sie eine Wortbedeutung einfach so übernehmen und uns als Rassisten framen. Dafür verlangen wir eine Entschuldigung - öffentlich.
Dank Menschen wie Ihnen, die eine sichere Grenzpolitik bekämpfen, wurde gestern übrigens ein Orthodoxer Jude in Zürich mit "Allahu Akbar"-Rufen abgestochen. Haben Sie gut gemacht! Wer Remigration als "Ausländer raus" diskreditiert und dadurch solche Taten zulässt, hat Blut an den Händen.
Warum hielten Sie sich nie an journalistische Grundsätze und liessen uns in beiden Artikeln zu Wort kommen? Ging es Ihnen nur darum, MASS-VOLL! wie die MSM zu framen und uns zu schaden? Das war jedoch nicht erfolgreich: Wir wachsen ungebremst. Sehen Sie hier: mass-voll.ch.
Freiheitliche Grüsse
Nicolas A. Rimoldi
- Anmelden oder Registieren, um Kommentare verfassen zu können
- Anmelden oder Registieren um Kommentare verfassen zu können