Ökodörfer für eine nachhaltigen Katastrophenschutz in Krisengebieten

Soforthilfe nach Katastrophenfällen und Kriegen ist notwendig – und lähmt doch in vielen Fällen die Mechanismen, die zu einer sozialen und ökologischen Rekultivierung der Region führen. Seit kurzem versuchen erste Helferorganisationen, die Erfahrungen von Ökodörfern und Gemeinschaften in ihre Arbeit mit einzubeziehen. GEN – das Global Ecovillage Network – arbeitet an dem Programm «EmerGENcy Protocols». Denn Ökodörfer erproben im realen Zusammenleben einfache, kostengünstige, dezentrale, lokal organisierbare Versorgungs- und Rekultivierungsmaßnahmen in Kooperation mit der Natur. Die wichtigste Ressource für jede Rekultivierung ist soziales Wissen. Die Erfahrung vieler Hilfsorganisationen zeigt: Ökologisches Wissen allein kann nicht nachhaltig sein, es braucht auch Wissen über Gruppendynamik, Konfliktlösung, soziale Nachhaltigkeit, die Dynamik der Geschlechterrollen und gemeinsame Entscheidungsprozesse, damit ein Projekt gelingt.

Zum gleichen Thema fand in Tamera/Portugal das so genannte Blueprint-Treffen mit Vertretern von Hilfsorganisationen, Entwicklungshelfern und Praktikern statt. Blueprint bedeutet, erprobte Methoden und Techniken zu einer «Blaupause» zusammenzusetzen, in das soziales, ökologisches, technisches Wissen einfließt. Die Experimentierphase für das Modell wird in einem Ökodorf mit einer erfahrenen Gemeinschaft stattfinden, und benutzt und so lange verfeinert, bis das Gesamtsystem funktioniert und ihre Schlussfolgerungen in Krisenregionen und Flüchtlingslagern angewandt werden können. Es soll von Anfang an als Ausbildungs- und Trainingszentrum dienen, in dem ganzheitlichen Prinzipien erfahrbar werden.
Barbara Kovats, Koordinatorin des SolarVillage Testfeldes in Tamera: «Entwicklungshelfer können nur das sinnvoll exportieren, was sie selbst erprobt haben und als sinnvolles Leben empfinden. Wer Komposttoiletten oder Solarkocher empfiehlt, diese aber im eigenen Leben nie benutzt, ist nicht wirklich überzeugend. Aber ein Modell, das von einer Gemeinschaft mit Freude und Gewinn bewohnt wird und als Ausbildungsstätte dient, ist in der Lage, ein neues Leitbild authentisch zu vermitteln.»

Magnus Wolfe Murray, der in der pakistanischen Provinz Sindh nachhaltige Hilfe in Kooperation mit regionalen Initiativen organisiert: «Durch die häufigen Überschwemmungen hat sich die Landschaft verändert. Es wächst so gut wie kein Baum mehr, 90% der Menschen sind mangelernährt, die große Mehrheit kann nicht lesen und schreiben; Milch muss aus Mangel an Kühlsystemen vernichtet werden; und in der Notsituation wächst die Gewalt gegen Frauen und Kinder.»
In einer solchen Situation kann die Kooperation mit dem Blueprint-Modell helfen: Jede Teillösung, mit der man beginnt, ist ein Schritt zum Wechsel in ein neues System. Soforthilfe ist dann eine Hinführung und kein Gegensatz zu Plänen für ein natürliches Wasser- und Bodenmanagement, das Überschwemmungen in Zukunft verhindern könnte.

Mehr dazu: www.tamera.org/project-groups/articles-project-groups/blueprint/
10. Dezember 2014
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