Der aktuelle UNESCO-Bildungsbericht mit dem Titel «Verbieten oder nicht?» dokumentiert Schutzmassnahmen gegen die Risiken digitaler Medien, die immer mehr Länder beschliessen. Doch in Deutschland machte die Ampel-Regierung in letzter Minute vor ihr einen Kniefall und beschloss den Digitalpakt 2.0 und dem Digitalpakt Schule, mit dem sich die IT-Branche das Geschäftsfeld Schule für den Absatz ihrer Geräte und Software sichert. Die Experten des Bündnisses für humane Bildung (Spitzer 2022, Lankau 2024, Teuchert-Noodt 2024), von diagnose:funk (Hensinger 2023) und führende Erziehungswissenschaftler (Zierer 2021) warnen unermüdlich vor den negativen Folgen der Digitalpakte.
Der «Global Education Monitoring Report 2023» (GEM) empfiehlt, Technologie nur dann im Unterricht einzusetzen, wenn sie nachweislich das Lernen unterstützt. Diese Empfehlung betrifft auch die Nutzung von Smartphones. Bis Ende 2023 hatten 60 Bildungssysteme weltweit (etwa 30 %) gesetzliche oder richtlinienbasierte Verbote für Smartphones in Schulen erlassen. Laut einer Aktualisierung des GEM-Berichts zum Internationalen Tag der Bildung 2024 stieg diese Zahl auf 79 Bildungssysteme (40 %). Die entsprechenden Vorschriften sind auf der Website «Profiles Enhancing Education Reviews (PEER)» dokumentiert, die weltweit Gesetze und Richtlinien zur Technologie im Bildungsbereich überwacht.
In einigen Ländern wurden die Regeln zuletzt verschärft. So hat die Stadt Zhengzhou in China die Nutzung von Handys an Schulen weiter eingeschränkt: Eltern müssen schriftlich bestätigen, dass ihr Kind ein Smartphone aus pädagogischen Gründen benötigt. Frankreich führte in der Sekundarstufe I eine «digitale Pause» als Ergänzung zu bereits bestehenden Verboten ein. Saudi-Arabien hingegen lockerte sein Verbot nach Protesten von Behindertenverbänden, um die Nutzung für medizinische Zwecke zu ermöglichen.
Da nicht alle föderalen Staaten einheitliche Regelungen haben, wurden vier Länder besonders untersucht. In Australien führten zwei von neun Territorien (New South Wales und South Australia) Smartphone-Verbote ein. In Spanien gilt ein Verbot in fast allen 17 autonomen Gemeinschaften – nur das Baskenland, La Rioja und Navarra bilden Ausnahmen. In den USA haben 20 der 50 Bundesstaaten Vorschriften zur Smartphone-Nutzung in Schulen erlassen, darunter:
- Kalifornien: «Phone-Free School Act»
- Florida: generelles Verbot in K-12-Klassenzimmern
- Indiana: Einschränkungen für tragbare drahtlose Geräte
- Ohio: Nutzungsbeschränkungen für Schüler
Manche Bundesstaaten legen lediglich Richtlinien fest und überlassen es den Schulen, detaillierte Regeln zu bestimmen. In Indiana müssen Schulbehörden eigene Vorschriften erarbeiten und veröffentlichen – etwa, ob Schüler ihre Smartphones in der Mittagspause nutzen dürfen und welche Konsequenzen Verstösse haben. In manchen Fällen gibt es Ausnahmen, z. B. für Schüler mit speziellen Lernbedürfnissen (wie in Louisiana) oder gesundheitlichen Einschränkungen (wie in Ohio) (Ergänzung: Mississippi, df).
Beeinflusst Smartphone-Nutzung das Lernen?
Kinder fordern bereits im Alter von neun Jahren ein Smartphone – doch oft sind sie emotional noch nicht bereit, die digitale Welt zu bewältigen.
Rachel Harper, Schulleiterin der St. Patrick's Primary School in Greystones, Irland, die Smartphones an ihrer Schule verboten hat. (Fernsehbericht über Greystones).
«Brain rot»?
Das Oxford Dictionary nahm 2024 neue Begriffe wie «Doomscrolling» («Untergangssurfen» oder «Endloses Schlecht-Nachrichten-Lesen») und «Brain-Rot» (Gehirnfäule) auf – beide stehen für die negativen Folgen übermässiger Social-Media-Nutzung. Der GEM-Bericht 2023 zeigt, dass Technologie das Lernen fördern kann, aber nur bei massvollem und gezieltem Einsatz. Ein Smartphone im Unterricht lenkt ab:
Eine Studie aus 14 Ländern belegt, dass Handys die Konzentration stören und dass allein das Vorhandensein eines Smartphones mit aktiven Benachrichtigungen ausreicht, um Schüler vom Unterricht abzulenken.
Nach einer Ablenkung kann es bis zu 20 Minuten dauern, bis Schüler sich wieder vollständig auf den Lernstoff konzentrieren, so eine weitere Studie.
Untersuchungen in Belgien, Spanien und dem Vereinigten Königreich belegen, dass ein Verbot von Smartphones die Lernergebnisse verbessert – insbesondere bei leistungsschwächeren Schülern.
Datenschutz und Geschlechterrollen
Neben den Lernproblemen gibt es auch Datenschutzbedenken. Viele Apps sammeln unnötig Daten von Schülern. Bis 2023 garantierten nur 16 % der Länder einen expliziten Datenschutz im Bildungsbereich, so eine Analyse.
Während der Pandemie empfahlen Regierungen weltweit 163 Bildungstechnologie-Produkte – 89% davon könnten Kinder ausspionieren. Zudem förderten 39 von 42 Regierungen Online-Bildungstools, die die Rechte von Kindern verletzten.
Die Gender-Edition 2024 des GEM-Berichts, «Technology on her terms», zeigt zudem, dass Technologie bestehende Geschlechterstereotypen verstärkt. Besonders soziale Medien beeinflussen das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl von Mädchen. Cybermobbing im Schulumfeld sowie voreingenommene Algorithmen künstlicher Intelligenz sind weitere kritische Themen.
Fazit
Der GEM-Bericht fordert, dass bei der Nutzung von Technologie in der Schule die Bedürfnisse der Schüler im Mittelpunkt stehen. Technologie muss sinnvoll, gerecht, skalierbar und nachhaltig eingesetzt werden.
Schüler sollen die Risiken und Chancen der digitalen Welt verstehen – jedoch benötigen Länder klare Regeln darüber, welche Technologie in Schulen erlaubt ist und wie sie verantwortungsvoll genutzt werden kann. Nur Technologie, die das Lernen nachweislich unterstützt, sollte im Schulalltag eine Rolle spielen.