Vittel kämpft um sein Wasser

Nestle verbraucht für sein «Vittel» so viel Wasser, dass der Verbrauch für die Einwohner an den öffentlichen Brunnen auf sechs Flaschen eingeschränkt wurde.

(Foto: Wikipedia)

Um einen Liter Trinkwasser in der Flasche herzustellen, sind sieben Liter Wasser erforderlich, sagt das Europäische Institut für Nachhaltige Entwicklung in Wien. Gesundheitliche Vorteile gegenüber dem Leitungswasser hat das Flaschenwasser nach Auskunft der Schweizer Gesellschaft für Ernährung nicht. Wer trotzdem gerne zum «Vittel Bonne Source» greift, den könnte möglicherweise aber interessieren, dass er damit den 5000 Bürgern von Vittel das Wasser abgräbt. Das Grundwasser sinkt und sinkt. Seit 1990 hat sich das der Schwund auf zehn Meter summiert. Wenn nichts geschieht sind die Grundwasserreserven des kleinen Ortes im Jahr 2025 erschöpft.
Schuld sind die überaus grosszügige Wasserrechte, die das Städtchen in den Vogesen dem Lebensmittelkonzern Nestlé und einem ortsansässigen Käsehersteller schon lange gewährt: 900 000 Liter darf Nestlé entnehmen, 600 000 Liter die Käserei Ermitage. Die andere Hälfte verbrauchen die 5000 Anwohner selber.

Der Grundwasserschwund bringt nicht nur die Umwelt- und Naturschützer auf die Barrikaden. Auch viele Vitteler Bürger und Bürgerinnen fühlen sich von Wasserknappheit bedroht. Das einflussreiche «CESER Grand Est» – ein Regionalrat – mahnt an, so dürfe es nicht weiter gehen und fordert ein nachhaltiges Wassermanagement.

Eine vor sieben Jahren eingesetzte Wasser-Kommission, die den Auftrag erhielt, Lösungsszenarien vorzulegen, plädierte am 3. Juli sehr wirtschaftsfreundlich für die Erhaltung des Status Quo. Nestlé und Ermitage sollen auch weiterhin in gleichem Umfang Grundwasser schöpfen. Die Bürger hingegen, sollen sich ihr Wasser über unterirdische Leitungen aus einer nahegelegenen Region beschaffen. An den Kosten will sich Nestle vielleicht beteiligen.

Entschieden ist nichts. Der Vorschlag der Wasserkommission löste Proteste und kritische Kommentare aus. Vor allem die Rolle der Lokalpolitik in dieser Affaire, löst bei vielen AktivistInnen Ärger aus. Das Amt des Bürgermeisters war lange Zeit mit einem Ex-Nestlé CEO besetzt. Und den Vorsitz des Wasserkommitees «Commission locale de l’eau» (CLE) hatte hin und wieder die Ehefrau einer Nestlé-Führungskraft. Die Umweltschutzorganisation «Vosges Nature Environnement» hat Anzeige erstattet. Man wirft ihr unerlaubten verbotenen Lobbyismus und Interessenkonflikte vor.

Sicher ist: Der Kampf ums Wasser ist auch in Vittel noch lange nicht entschieden. Die Grenzverlauf findet aber nicht nur in den Vogesen und vor Gericht statt, sondern auch in unseren Supermärkten und bei uns zu Hause.