Zum Welttag gegen die Todesstrafe am 10. Oktober: Die abschreckende Wirkung ist nicht belegt

Ist die Todesstrafe wirklich die wirksamste Strafe, um Verbrechen zu verhindern? Länder, die noch an der Todesstrafe festhalten, benutzen dieses Sicherheitsargument nach wie vor. Doch bis heute gibt es keinen wissenschaftlichen Konsens, der diese Behauptung stützt.

Proteste gegen Todesstrafe in Maryland. Foto: Amnesty International

Der Trend zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe ist eindeutig. Heute haben 144 der 195 Länder der Welt diese Strafe in Gesetz oder Praxis abgeschafft, Tendenz seit Jahren steigend.

Die Länder, die noch daran festhalten, begründen dies oft mit Sicherheitsargumenten. Sie behaupten, dass die Androhung einer Hinrichtung immer noch das wirksamste Mittel sei, um Kriminelle von einer Straftat abzuhalten. Es gibt aber keinen wissenschaftlichen Konsens, der dieses Argument stützt.

Schwierige Wirkungsmessung

Anlässlich des 22. Welttags gegen die Todesstrafe vom 10. Oktober geben die Weltkoalition gegen die Todesstrafe und ihre Partner einen Überblick über die vorhandene Forschung. Diese zeigt, dass es äusserst kompliziert ist, die Wirkung der Todesstrafe zu messen.

An Experimente ist aus moralischen Gründen nicht zu denken. Und wo soll man eine repräsentative Anzahl von Leuten finden, die einen Mord begehen werden, und sie befragen? Entscheiden diese Menschen so rational, dass das Risiko eines Todesurteils eine Rolle in ihrer Entscheidung spielt, ein Verbrechen zu begehen oder nicht?

Ein weiteres Problem ist, dass viele Länder – insbesondere China – ihre Zahlen in Zusammenhang mit der Todesstrafe geheim halten oder sie zumindest unvollständig veröffentlichen.

Mordraten als Indikator

Um diese Hürden zu überwinden, haben mehrere Studien versucht, die abschreckende Wirkung der Todesstrafe durch eine Analyse der Kriminalitätsraten zu bewerten. Einige Studien vergleichen die Mordraten zwischen Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, und Staaten, die sie abgeschafft haben.

Andere machen den Vergleich innerhalb desselben Staates vor und nach der Abschaffung. Aus diesen Studien lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Mordraten und der Anwendung der Todesstrafe ableiten.

Somit bleibt das Argument, die Todesstrafe sei die Massnahme, die die Bevölkerung am ehesten vor Kriminalität schützen würde, unbegründet. Zusammen mit der Weltkoalition gegen die Todesstrafe bekräftigt ACAT-Schweiz (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter) deshalb die Notwendigkeit, diese unumkehrbare und unmenschliche Strafe abzuschaffen.

Mehr dazu:
ACAT: «Die Theorie der abschreckenden Wirkung der Todesstrafe entlarvt»


 (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter) ist ein Verein mit Sitz in Bern, der sich für eine Welt frei von Folter und Todesstrafe einsetzt. ACAT engagiert sich ebenfalls gegen Verschwindenlassen. Im Fokus steht die Würde aller Menschen, unabhängig von Ideologie, Religion, Ethnie oder anderen Eigenheiten, und unabhängig vom allfälligen Verbrechen, das ihnen angelastet wird. Die ACAT-Bewegung ist in ca. 30 Ländern präsent. Ihre Dachorganisation FIACAT ist bei Gremien wie der UNO, der Afrikanischen Kommission der Menschenrechte und der Rechte der Völker und dem Europarat vertreten.

Jeden 10. Oktober begehen die Weltkoalition gegen die Todesstrafe und Aktivist:innen auf der ganzen Welt den Welttag gegen die Todesstrafe. 2024 und 2025 thematisiert der Welttag die falsche Vorstellung, dass die Todesstrafe Menschen und Gemeinschaften sicherer machen kann.