Der Turbo gegen die Turbinen
Das Budget könne sich innert kürzester Zeit erhöhen, weiss Elias Vogt. Er steht in den Startlöchern für die Abstimmung vom 9. Juni gegen den ungebremsten Ausbau von Photovoltaik und Windkraft in der freien Natur. Ein Interview.
Herr Vogt, hat es Sie überrascht, dass das Referendum gegen den Mantelerlass zustande gekommen ist?
Ja, es hat mich überrascht, wie viele Menschen sich beim Unterschriftensammeln engagiert haben. Und sogar 63 000 Stimmen zusammenkamen.
Ihre Organisation «Freie Landschaft Schweiz», die in mehreren Ortsgruppen organisiert ist, war wohl wesentlich am Erfolg beteiligt gewesen?
Ich habe keine Statistik erstellt, aber mehrere Zehntausend sind wohl von uns gekommen. Aber sehr viele Unterschriften kamen sicher von der Fondation Franz Weber, die sich sehr ins Zeug gelegt hat.
Ihre Organisation ist wohl schnell gewachsen, damit sie diesen Aufwand betreiben konnte?
Nein, wir sind langsam gewachsen. 2016 waren wir elf Vereine. Heute sind wir in 50 Vereinigungen und 8 Kantonalsektionen präsent mit ca. 5000 Mitgliedern.
Der Erfolg des Referendums ist auch erstaunlich, weil die Medien und die Politik alle für den Mantelerlass und die schnelle Implementierung der Erneuerbaren sind.
Ja, Medien, Bundesrat und Parlament haben nicht damit gerechnet, dass das Referendum zustande kommt.
Ich glaube, die haben richtig Angst, dass wir die schnelle Realisierung von Windkraft und Alpinsolar bremsen könnten.
Und: Werden Sie die Abstimmung um das neue Energiegesetz (Mantelerlass) am 9. Juni 2024, gewinnen?
Es ist eher unwahrscheinlich, aber es besteht eine gewisse Chance.
Das kommt ja auch auf Ihre Massnahmen im Abstimmungskampf an.
Wir werden alle Massnahmen ergreifen: Plakate an Bahnhöfen, wildes Plakatieren, Social Media, Zeitungsinserate.
Das kostet aber ganz schön viel.
Unser Budget bewegt sich im fünfstelligen Bereich, aber das kann nach oben schnellen.
Mantelerlass
Der sogenannte Mantelerlass umfasst eine Reihe von Gesetzen, die es zukünftig ermöglichen, Solar- und Windkraftwerke auch in schützenswerten Lanschaften zu errichten. Zudem werden die Beschwerderechte massiv eingeschränkt. Das Gesetz, über das dank des Referendums am 9. Juni abgestimmt wird, heisst Einheitliche Änderungserlass für eine sichere Stromversorgung aus erneuerbaren Energien. Der Titel ist irreführend, da die Volatilität und die fehlende Speicherfähigkeit von Solar- und Windkraft die Stromversorgung gerade eben nicht garantieren können.
Pierre-Alain Bruchez lanciert im Herbst eine Volksinitiative «Rettet die Alpen». Er fordert, dass Solarpanels zunächst auf Dächern und bestehender Infrastruktur installiert wird. Werden Sie die Initiative unterstützen?
Ob «Freie Landschaft Schweiz» die Initiative unterstützt, wird unsere Delegiertenversammlung bestimmen, aber ich persönlich finde sie gut.
Sie sind wegen des Solarexpresses vor Bundesgericht gezogen. Haben Sie vom Bundesgericht einen Bescheid erhalten?
Ja, das Bundesgericht ist nicht auf die Beschwerde eingetreten. Das Parlament darf entscheiden, was es will. Es darf sogar die Verfassung brechen oder das obligatorische Referendum unterdrücken, also eine Volksabstimmung unterlassen. Dagegen ist das Bundesgericht machtlos.
Sie sind in Ihrer Gemeinde Grenchen und auch sonst erfolgreich als Windkraftgegner aufgetreten. Konnten Sie eigentlich alle Projekte verhindern?
Das ist eine gute Frage. Im Moment sind 40 konkrete Windparks geplant oder bereits bewilligt. Weitere 260 Projekte sind vorgesehen, mit insgesamt 1000 Windturbinen. Unsere Ortsorganisationen kämpfen gegen diese Vorhaben, 40 gegen die konkret geplanten bzw. bewilligten Parks, die anderen 10 für erst angedachte. Seit 2016 wurden erst zwei Windparks realisiert, auf dem Gotthard und in Ste-Croix (VD).
Wieso sind Sie eigentlich gegen Windparks?
Ich wäre nicht dagegen, wenn sie nicht in der freien Landschaft oder in der Nähe von Wohnhäusern stehen würden. In der Schweiz hat es viel weniger Wind als an der Küste.
Und was macht Solarpanels besser als Windparks?
Man kann sie auf bestehende Dächer oder Infrastruktur befestigen. Da stören sie weniger als Windparks in der Natur.
Aber die Solarpanels sind ja auch nicht ganz unschuldig, was die Ökobilanz betrifft, so wird sehr viel CO2 aufgewendet, um Silizium herzustellen.
Das ist mir bewusst. 96 Prozent der Panels werden in Asien hergestellt, mit teilweise schweren Schäden für die Umwelt. Der Mantelerlass schützt die Natur weder hierzulande noch im Ausland. Wenn man die Energiewende seriös hinbekommen möchte, muss man in aller Ruhe alle Energieträger ausführlich begutachten.
Jung und erfolgreich
Elias Vogt, Jahrgang 1996, ausgebildeter Primarlehrer, Buchautor, Hotel-Betreiber und Präsident des Vereins «Freie Landschaft Schweiz» kämpft schon seit dem Teenager-Alter gegen einen geplanten Windpark in Grenchen (SO). Vogt tritt am Montag, 4. März im Rahmen des Zeitpunkt-Apéros auf.
Lieber Mantelerlass oder lieber Atomkraft?
Da sehe ich viele Alternativen. Schon mal Photovoltaik ausschliesslich auf bestehender Infrastruktur. Die Panels müssten aber aus sauberen Quellen kommen. Oder Gaskraftwerke mit erneuerbarem Gas wäre auch eine Möglichkeit.
Ich fühle mich in der Schweiz nicht als Aussenseiter, im Gegenteil, ich fühle mich von der Mehrheit der Leute getragen.
Wie ist es im steifen Wind der Mainstream-Kritik zu stehen?
Die meisten wollen echten Naturschutz und nicht jenen vom WWFF oder von Greenpeace. Die Menschen stehen auch hinter der echten Demokratie.
Sie bekommen also keine Hassmails?
Oh doch, von den verschiedensten Menschen, mit vielen Schimpfwörtern gespickt. Aber ich glaube, das passiert jedem Politiker, der sich exponiert.
Politiker? Sie sind nicht politisch tätig und sind auch nicht in einer Partei, oder habe ich da etwas übersehen?
Nein, ich bin nicht politisch tätig, ausser in der Baukommission Grenchen habe ich kein politisches Amt inne. Aber ich könnte mir vorstellen, in ein paar Jahren eine Partei zu gründen. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.
Und war wäre der Inhalt dieser Partei? Naturschutz und sonst?
Sie würde sich eher in der Mitte positionieren, mit einem kleinen Drall zum Konservativen. Meine Anliegen sind Umweltschutz, Innovation, Tradition und soziale Gerechtigkeit.
Zum Mantelerlass bereits erschienen im Zeitpunkt:
Referendum gegen den «Mantelerlass Strom»: das neue Stromversorgungs- und Energiegesetz
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Kommentare
CO2 wird nicht aufgewendet
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Konservativ?
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