Die Zukunft des Buches in der Schweiz ist gefährdet

Offener Brief an den Bundesrat, die Behörden und Bildungsorganisationen der Schweiz

Der unabhängige, breit und tief gefächerte Buchhandel spielt für die Grundversorgung des Landes mit Bildung und Kultur eine eminent wichtige Rolle.  Diese bedeutende Funktion des qualitativ orientierten Buchhandels genoss und geniesst seitens des Bundesrates anscheinend minimale Wertschätzung. Denn durch die Abschaffung der Buchpreisbindung – unter der sattsam bekannten Ideologie völlig deregulierter Märkte – ist die landesweite Versorgung zu gleichen Bedingungen mit dem Bildungsgut «Buch» erheblich gefährdet.

Auswirkung nach dem Wegfall der Buchpreisbindung

Nach dem Wegfall der Buchpreisbindung im vergangenen Jahr lösten die grossen Discounter mittels Dumpingpreisen bei populärer Massenliteratur einen kurzfristigen Kaufrausch aus.
Parallel zu den Preissenkungen bei den Mainstream-Titeln verteuerten sich die Preise bei Büchern, die nicht so massentauglich sind. Dies betraf vor allem anspruchsvolle Literatur und Sachbücher – ein grosser Nachteil für Schüler, Studenten und Forscher.

Im selben Fahrwasser konfrontierten Bibliotheken auf Druck der öffentlichen Hand den kleinen und mittleren Buchhandel mit exzessiven Rabattforderungen, die nur noch für den Grosshandel erfüllbar sind – zu Lasten der Existenzsicherung des qualitätsorientierten Buchhandels mit Fachpersonal in Quartieren, Vorstädten und auf dem Land.
Allein in den vier Monaten mussten drei Mitgliedsbuchhandlungen des VUKB trotz guter Konjunkturlage schliessen. Die «Geiz ist geil»-Mentalität zeigt erste Früchte.

Die Konjunkturlage wird sich u.a. dank Bankenkrise abschwächen und keine weiteren «Harry Potters» werden demnächst gute Umsätze generieren. Spätestens dann gelangen viele Buchhandlungen unter dermassen grossen Margen- und Preisdruck, dass  Schliessungen  oder Übernahmen durch Buchhandels-Ketten unvermeidlich sind.

Die Fachkompetenz des Buchhandels in der Zukunft

Der VUKB evaluiert neue Marketing- und Einkaufs-Konzepte. Diese Massnahmen werden zum Überleben aber nicht reichen. Daher verlangt der VUKB von den Behörden und Öffentlichkeit eine Mitbeteiligung für die Gewährleistung einer gesicherten Versorgung mit Literatur und Sachbüchern zu volkswirtschaftlich vernünftigen Bedingungen.

So wie Theater, Film und Musik benötigt das Buch finanzielle Förderung und Unterstützung durch:
- Steuerermässigungen bzw. weiterhin tieferer MWST-Satz für Bücher
- Subventionen
- Abnahmegarantien durch öffentliche Institutionen
- Anderweitige Unterstützung und Förderung

Die Gründe für die Forderung:

1. Die Handelsmargen im unabhängigen Buchhandel sind nicht mehr existenzsichernd – zu Lasten der Eigentümer und sehr vieler Arbeitsplätze. Die Folge ist die Ausdünnung des Buchhandelsnetzes in weiten Teilen des Landes – zu Lasten vieler Menschen abseits der Ballungszentren.

2. Ein deregulierter Buchmarkt bedeutet Wühltische mit Stapeln von Büchern meist bescheidenen  Qualitätsanspruches.  Das hochwertige Sachbuch und Literatur mit gehobenen Ansprüchen wird drastisch teurer und – da für Discounter unattraktiv – für grosse Bevölkerungsteile nur noch mühsam zu besorgen sein.

3.Die Erfahrungen bei anderen Medien bestätigen die Forderung. Die öffentlich-rechtlichen Sender (mit Bildungs- und Kulturauftrag)  hätten ohne staatliche Unterstützung keine Chance gegen das Privatfernsehen- und Radio mit konsum- und unterhaltungsorientierter Kost. Genau dasselbe Szenario ist zu erwarten, wenn nur noch Buchdiscounter das Angebot nach marktwirtschaftlichen Kriterien bestimmen. Der Weg zum nächsten guten Buch wird für junge und erwachsene Leser weiter und teurer.

4. Ausgerechnet im Zeitalter des Funktionalen Analphabetismus, der Lese- und Sprachschwäche und schwindenden Kommunikationskompetenz, die die Lehrkräfte und Behörden Kopfzerbrechen bereiten, wird von der Buchkultur erwartet, in einem kurzsichtigen und gewinnorientierten Markt bestehen zu müssen – selbstverständlich gekoppelt mit der Erwartung, das Angebot und die Nähe zum Lesenden zu optimieren. Ein Ding der Unmöglichkeit wie Erfahrungen aus den USA, Grossbritannien oder Frankreich zeigen.


Fazit:
Um auch in der Zukunft in der Schweiz ein reichhaltiges Buchangebot zu vernünftigen Preisen in der Stadt und auf dem Land garantieren zu können, ist Handlungsbedarf angesagt und der Anspruch deutlich gemacht, dass Bund, Kantone, Bildungsinstitute wie auch örtliche Behörden den Buchhandel im Sinne einer Kulturförderung analog wie in anderen Kulturdisziplinen (Film, Musik und Theater) unterstützen müssen.

Der Verein der unabhängigen Buchhandlungen der Schweiz (VUKB) fordert eine breit geführte Diskussion und unterstützt dabei den Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband SBVV in seinem Bemühen für die blühende Buchbranche.

Urs Heinz Aerni
Präsident VUKB
[email protected]
www.vukb.ch
Direkt: [email protected]: 076 45 45 279
09. April 2008
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