Mit folgenlosen Appellen zur Gesichtswahrung reagieren deutsche Politiker auf die Festnahme des türkischen Oppositionspolitikers Ekrem İmamoğlu und zahlreiche seiner Anhänger.
İmamoğlu, Bürgermeister von Istanbul und aussichtsreicher Kandidat für die nächste Präsidentenwahl, ist am Mittwoch unter fadenscheinigen Vorwürfen verhaftet worden. Auch zahlreiche seiner Anhänger wurden festgenommen; sein Unternehmen wurde beschlagnahmt. İmamoğlus Partei CHP spricht von einem „Putschversuch gegen den nächsten potenziellen Präsidenten". Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, der Schritt sei „bedrückend für das Verhältnis zwischen Europa und der Türkei".
Mit realen Konsequenzen wird nicht gerechnet. Deutschland und die EU sind in der Flüchtlingsabwehr, aber auch beim Vorgehen gegen Moskau und bei der Nutzung der Türkei als Handels- und Energiedrehscheibe auf die Kooperation mit Ankara angewiesen. Ernste Druckmittel haben sie kaum; Ankara ist vielmehr in den vergangenen Jahren erstarkt und hat sich alternative Kooperationspartner gesichert. Die „Türkei als Partner" sei „unberechenbar", aber auch „unverzichtbar", heißt es in der führenden Zeitschrift der Berliner Außenpolitik.