Gasbörse in Amsterdam abschaffen und Energiepreise unter Kontrolle bringen!

Der überwiegende Teil des Gashandels spielt sich an der Gasbörse in Amsterdam ab, wo die grossen Händler enorme Profite aus dem Gasmangel erzielen – und ihn verschärfen.

Der Mechanismus der Energiepreisinflation spielt sich in Amsterdam ab: das Spielkasino namens Title Transfer Facility (TTF), eine Gasbörse in Amsterdam, wo mehr als doppelt so viel Gas gehandelt wird wie an allen anderen europäischen Handelsplätzen zusammen. Die europäischen Regierungen wahren nach Art der Mafia-Omertà Stillschweigen zu dem Thema und sprechen nur über sekundäre Aspekte der Energiekosten.

Die italienische Tageszeitung Il Fatto Quotidiano, die vielen als Hausorgan der Fünf-Sterne-Partei gilt, hat nun in einem Artikel des Journalisten Andrea di Stefano (sonst ein Klimaaktivist) vom 10.8. das Schweigen gebrochen. Di Stefano schreibt:

«Die TTF ist eine legalisierte Spielhölle, in der eine Handvoll Akteure ... über das Schicksal von Millionen Unternehmen und Hunderten Millionen europäischer Bürger entscheiden. Alle Beobachter geben zu, dass der Amsterdamer Markt sehr volatil ist, d.h. extrem empfindlich auf Preisschwankungen reagiert und kaum liquide ist. Man bedenke nur, dass die gehandelten Terminkontrakte insgesamt einen Wert von etwa 250 Mio. Mwh pro Monat haben dürfen, d.h. nur den Durchschnittswert des realen Verbrauchs in der EU, während sonst ein Termin-Hedging-System ein Mehrfaches des zugrundeliegenden Produkts (z.B. Öl) ausmacht.» (D.h. nur sehr wenige Akteure beteiligt.)

Er fährt fort:

«Der erste spekulative Preissprung erfolgte nach dem Ende der Pandemie, und zwar genau aufgrund der pessimistischen Positionen der grossen Händler (vor allem Trafigura, Gunvor und Glencore): Als sich die Wirtschaftserholung abzeichnete, zogen die Preise an, so dass sie gezwungen waren, Geschäfte abzuschliessen, indem sie Gasverträge zurückkauften. Das heizte die Nachfrage nach den früheren Leerverkäufen an und trieb den Preis weiter in die Höhe. Der Vorfall sorgte für heftige Proteste verschiedener Kategorien von Betreibern, von Netzbetreibern bis hin zu einigen grossen Akteuren wie Shell, ohne dass die Europäische Kommission oder andere Behörden in irgendeiner Weise intervenierten oder die Dynamik hinter der Preisverzerrung untersuchten.

Andererseits gibt es in der gegenwärtigen Phase, die durch eine Kriegswirtschaft gekennzeichnet ist, diejenigen auf dem Markt, die von der enormen Volatilität des TTF zweifellos (sehr) profitieren: neben den üblichen Verdächtigen [Energiehändler und Grossunternehmen wie ENI oder BP] auch Länder wie Norwegen. Wie ICIS, die wichtigste Informationsund Analyseseite für Rohstoffe, in den letzten Tagen hervorhob, ist das skandinavische Land mit 25 Prozent des Marktes der erste Lieferant in Europa geworden, gefolgt von US-Flüssiggas und an dritter Stelle russischem Gas.»

In dem Artikel wird das einfachste Mittel gegen dieses Kasino nicht vorgeschlagen: die Anwendung der Grundsätze der Glass-Steagall-Bankentrennung auf die TTF. Dies würde Spekulation auf steigende Preise beenden – ohne Rücksicht auf Verluste der Händler – und branchenfremden Händlern die Lizenz entziehen. So würde der künstlichen Nachfrage der Boden entzogen und der Preis würde automatisch sinken.

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Der Text stammt mit Zustimmung des Verlags aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.