Glanz und Gloria des grossen Geldes

Acht Männer besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Menschheit, hat die Hilfsorganisation Oxfam unlängst ermittelt. Angesichts dieser Diskrepanz beschäftigte sich der Berliner Journalist Dennis Gastmann in seinem Buch «Geschlossene Gesellschaft» mit der Frage, wie die superreiche Oberschicht eigentlich so lebt.

Offenbar war es unglaublich schwierig, in die heiligen Hinterzimmer der Superreichen vorzudringen. Trotzdem haben Gastmann einige die Türen geöffnet, um ihm ihre abgeschirmte Parallelwelt zu zeigen oder eher: um ihr Herz auszuschütten. Mit so viel Geld lebt es sich weiss Gott nicht leicht.

Das Traurige ist, dass diese B-Promis nicht in der Lage sind, ihrem eigenen Lebensbericht eine für andere Menschen relevante Komponente abzuringen. Und der beflissene, höfisch galante Autor leider auch nicht. Dankbar nimmt er die von ihnen dargebotene Erzählungen auf, um die Märchen-Biografien seiner Business- oder Adels-Klientel in lauwarme Musterkapitel zu verwandeln.

Dazu werden Menschen wie die Party-Gräfin Gunilla von Bismarck oder der aus der TV-Show «Die Höhle der Löwen» bekannte Unternehmer Jochen Schweitzer bemüht. Dieser bekennt reumütig, dass es häufig gerade seine Fehler waren, die ihn weiterbrachten. Rührend. Gastmann umschifft in seiner Befindlichkeitsblase jede politische Dimension des Themas gekonnt.

Vom Verlag wird der Titel mit den Worten angepriesen: «Eine Psychologie des Geldes. (…) Charmant, überraschend und garantiert ungeschönt». Ausladend werden im Buch Auffahrten, elektrische Tore und Eingangshallen beschrieben, Vorgärten und Haushälterinnen gepriesen, der ästhetische Geschmack von Säulen oder Marmor-Tierchen goutiert. Einen «Reichtumsbericht«, wie es der Untertitel suggeriert, hat man sich doch anders vorgestellt. Ein Nachhaken bei sensiblen Themen unterlässt Gastmann konsequent. Sein Bericht ist vielmehr eine andächtige Huldigung der höheren Klasse, die sich alles leisten kann und das selbstverständlich auch tut. Dabei kommt einem das Argument einiger Banker und Politiker in den Sinn, die zum Thema Reichenbesteuerung immer vorbringen, dass diese Superreichen mit ihrem Geld doch ganze Wirtschaftszweige füttern, die sonst wegbrechen würden. Ja, was würde aus den fleissigen Arbeitern bei Lamborghini werden, wenn so mancher Milliardär nicht gleich zwei Sportwagen gekauft hätte? Sie müssen es wohl aus Mitleid getan haben.     

Dennis Gastmann: Geschlossene Gesellschaft – ein Reichtumsbericht. Rowohlt, 2016. 304 S. CHF 28.90/EUR 20.–

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