Green Phoenix: Modelle der Gesellschaft von morgen

Einzellösungen helfen in der gegenwärtigen globalen Situation nicht weiter. Die ökologischen Herausforderungen brauchen ein neues Geld. Ein gerechteres Geld erfordert mehr Gemeinschaftlichkeit. Und mehr Solidarität ist ohne Bewusstseinssprung nicht zu haben. Am Kongress «Die Wasser des Lebens» von Ende November im «Zentrum der Einheit» auf der Schweibenalp bei Brienz versuchten rund hundert Aktivisten und Experten aus zehn Ländern, eine Synthese zu finden.

Zeitpunkt: Ihr habt Euch eine sehr grosse Aufgabe gestellt, für die Bereiche Ökologie, Geld, Solidarität und Bewusstsein eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Kann man die Resultate der einwöchigen Arbeit zusammenfassen?

Sundar Dreyfus: Neben dem Wissensaustausch und der engen Vernetzung, die stattgefunden haben, wollten wir natürlich weitere Resultate haben. Deshalb wählten wir eine Arbeitsstruktur, in die neben den Experten auch Vertreter von Regionen und Projekten eingebunden waren. So konnten für einige Projekte konkrete nächste Schritte vereinbart werden. Unser Ziel ist es, Modelle für ein neues Zusammenleben direkt zu unterstützen.


An Ideen mangelt es in der Regel nicht, oft aber an den Ressourcen, sie umzusetzen. Welche Wege zeichnen sich ab, auch mit wenig Geld etwas zu erreichen?

Green Phoenix brachte 40 Experten und 60 Aktivisten zusammen, ohne etwas dafür bezahlen zu müssen. Viel beschäftigte Menschen aus der Wissenschaft und der Wirtschaft sehen den Wissensaustausch und die Entwicklung gemeinsamer Projekte offenbar als so dringlich an, dass sie auf übliche Gagen verzichten. Jetzt sind wir daran, eine Dokumentationsstelle zu schaffen über das gesammelte Wissen in modernster Ökologie, neuen Ideen für die Ökonomie, Erfahrung vom Gemeinschaftsleben und die Möglichkeiten, dies zu verbreiten. Gleichzeitig werde auf der praktischen Ebene verschiedene Modelle in aller Welt unterstützt.

Viele Menschen sind müde, weil die erhofften Verbesserungen gesellschaftliche Veränderungen bedingen, die aber erst eintreten, wenn sich schon einiges zum Guten gewendet hat. Oder zugespitzt formuliert: Wir können die Dinge erst ändern, wenn sie anders sind. Hat die Konferenz Wege aufgezeigt, wie wir aus diesem Teufelskreis ausbrechen können?

Green Phoenix ist natürlich nicht die erste Konferenz mit der einzigen Antwort auf dieses Dilemma: bei uns selber anfangen! Erst wenn ich mich entscheide, selber erste Schritte zu tun und dies in meinen Beziehungen und im Energiefluss des Geldes und in meiner Beziehung zur Natur umzusetzen, wird es Veränderung geben. Der an der Konferenz erwähnte kategorische Imperativ von Kant sagt ja auch schon aus, dass wir unseren Idealen folgen sollen, ob sie nun Anerkennung finden und von der Mehrheit verwirklicht werden oder ob wir alleine damit dastehen. Damit dieser mehr Gewicht bekommt, muss er sich zu Gemeinschaften und Netzwerken entwickeln, die eine Parallel-Realität entstehen lassen, in der ein neues Menschheitsprogramm gelebt wird, nämlich des Teilens, des Kooperierens und des Mitgefühls.

An der Konferenz wurden Projekte u.a. aus Portugal, Israel, Kolumbien und der Schweiz vorgestellt. Ist eine sinnvolle Vernetzung solch unterschiedlicher Vorhaben überhaupt möglich und wie sieht sie aus?

Die Grundeinheit des menschlichen Wirkens hat schon immer in Familien, Gemeinschaften und Stämmen stattgefunden. Heutzutage sind das globale Netzwerke verschiedener Bewusstseinsformen, die alle durch eine globale Solidarität verbunden sind. Die Vernetzung von Wissen für diesen Systemwechsel und die entsprechenden Modelle, ist das Ziel von Green Phoenix. Dabei arbeiten wir mit anderen Netzwerken zusammen wie dem Globalen Campus, dem Global Ecovillage Network, der Integralen Partei und Neustart Schweiz und schaffen so eine Plattform des Austauschs.

Im Zentrum der Einheit ist in den letzten Jahren viel investiert worden. Ein grosser Saal ist entstanden und die Infrastruktur für die Gäste wurde erheblich verbessert. Du selbst hast deine psychiatrische Praxis aufgegeben und wohnst wieder auf der Schweibenalp. Wo sieht sich das «Zentrum der Einheit» unter den vielen Tagungsstätten?

Das Zentrum der Einheit Schweibenalp möchte sich nicht mit anderen Zentren vergleichen. Die Tagungsstätte ist eine unserer Aufgaben. Wir gründen auf einer Vision und einer sich aufbauenden Gemeinschaft, die diese Vision lebt und verschiedene Projekte vorantreibt, darunter Green Phoenix und das Seminar- und Tagungszentrum auf der Schweibenalp. Solche Arbeit ist anspruchsvoll und verlangt von den Menschen einen grossen Einsatz und Hoffnungsvorschuss in die Möglichkeiten der Menschheit.

Links:
www.schweibenalp.ch
http://greenphoenixglobally.wordpress.com/

Sundar Dreyfus ist Psychiater und Mystiker. Das «Zentrum der Einheit Schweibenalp» hat er vor 32 Jahren auf dem Gelände einer ehemaligen Ferienkolonie als Begegnungsort der Religionen gegründet. In den letzten Jahren wurde es rundum erneuert und dient jetzt als Keimzelle einer globalen Kultur des Miteinanders.

Über

Christoph Pfluger

Submitted by admin on Do, 07/13/2017 - 08:33

Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".

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