10 Rappen können wahre „Fashion Victims“ retten

Es braucht nicht viel: 10 Rappen mehr Lohn pro T-Shirt machen den entscheidenden Unterschied, ob eine Näherin in Armut oder in Würde leben kann. Die Erklärung von Bern (EvB) / Clean Clothes Campaign (CCC) startet heute auf www.10rappen.ch eine zehnwöchige Aufklärungskampagne für Konsumentinnen und fordert von den Schweizer Modefirmen die Bezahlung eines Existenzlohns in all ihren Produktionsstätten. Auf der Kampagnenwebsite werden wöchentlich neue Firmen aufgelistet, die sich nicht zur Bezahlung eines Existenzlohns verpflichten.

Nach den massiven Protesten der Näherinnen in Bangladesch finden nun zwar endlich Lohnverhandlungen statt. Doch selbst die 80prozentige Lohnerhöhung, welche die Regierung letzte Woche in Aussicht stellte, ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Denn auch mit diesem neuen Mindestlohnansatz müssten die Betroffenen täglich 29 Stunden arbeiten, um über die Runden zu kommen. Beim aktuellen Mindestlohn von 1662 Taka, der 2006 eingesetzt wurde, sind dies gar 52 Stunden.
Regierungen asiatischer Produktionsländer unterbieten sich mit Billigstlohnvorschriften, denn sie wissen, dass Dumpinglöhne längst ein wichtiger Standortvorteil sind, um Arbeitgeber und Investoren anzulocken. Textilmarkenfirmen profitieren von zu tiefen Mindestlöhnen und maximieren ihre Gewinne auf den Schultern der Näherinnen. Sie behaupten, es gebe keine von Gewerkschaften und NGOs breit abgestützten Modelle zur Berechnung eines Existenzlohns, also orientiert man sich am gesetzlichen Mindestlohn, wohl wissend, dass dieser nicht zum Leben reicht.
Gewerkschaften, NGOs und Wissenschaftler aus Asien setzen sich nun zur Wehr und haben sich dazu zur Asia Floor Wage Campaign (AFW) zusammengeschlossen. Die AFW hat ein Modell zur Berechnung eines existenzsichernden Lohns in der asiatischen Bekleidungsindustrie entwickelt, sich auf regionale Lohnforderungen geeinigt und eine globale Kampagne lanciert. Die EvB und CCC als Schweizer Kampagnenpartnerin deponiert die AFW-Forderung jetzt bei den hiesigen Kleiderproduzenten. Denn 99 Prozent aller Markenfirmen verpflichten sich nicht zur Bezahlung eines Existenzlohns, darunter auch Schweizer Konzerne wie Charles Vögele, Coop, Migros oder Tally Weijl.
Auf der Suche nach Billigarbeitskräften und Wettbewerbsvorteilen zieht die Bekleidungsindustrie seit Jahrzehnten von Kontinent zu Kontinent. Heute wird der Grossteil unserer Kleidung in Asien produziert. Vorwiegend Frauen sitzen Woche für Woche bis zu 80 Stunden oder mehr an der Nähmaschine, schuften bis zum Umfallen und bleiben dennoch bitterarm. In acht Stunden Arbeit verdienen sie durchschnittlich gerade mal 2 Dollar. Dieser Hungerlohn reichte in Asien schon vor der Finanzkrise und den explodierenden Nahrungsmittelpreisen nicht, um eine Familie zu ernähren – von Schulgeld und Arztkosten ganz zu schweigen. In den letzten drei Jahren hat sich die Situation noch massiv verschärft.
Mit dem animierten Kampagne-Clip will die EvB/CCC für diese Problematik sensibilisieren und die Markenfirmen mittels Protestaktion wachrütteln. Ende September kommen zudem AFW-Vertreterinnen in die Schweiz. Nebst diversen Arbeitsbesuchen steht auch eine Veranstaltung für Schweizer Markenfirmen auf dem Programm, an der das AFW-Lohnmodell und mögliche Umsetzungsschritte für Lohnerhöhungen diskutiert werden.
 
Weitere Infos auf www.10rappen.ch