Der wahre Ausbrecherkönig
Der südafrikanische Freiheitskämpfer Tim Jenkin ist ein Ausbrecher der besonderen Art. 1978 wurde er wegen Verteilens von Flugblättern für den verbotenen ANC zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Strafe musste er in einem Hochsicherheitsgefängnis für weisse politische Gefangene innerhalb eines grösseren Gefängniskomplexes in Pretoria verbringen. Ein Ausbruch über die zehn Meter hohe Mauer war ausgeschlossen. Er wäre dann einfach in einem anderen Gefängnishof mit Wachhunden gestanden.
Es blieb nur der Weg, durch den er das Gefängnis am ersten Tag betrat, und das waren zehn Türen zwischen seiner Zelle und dem Eingangstor. Wilde Risiken einzugehen war nicht nach Tim Jenkins Geschmack, das hätte seine Strafe verlängert und das Schicksal seiner Mitgefangenen erschwert. So machte er sich an die Türen, eine nach der anderen, baute die grossen Schlüssel aus Holz nach und konnte nach 18 Monaten geduldigster Arbeit mit zwei Mitgefangenen fliehen. Beschrieben hat er das alles im Buch «Escape from Pretoria». Unter diesem Titel ist auf youtube auch ein Dokumentarfilm zu finden. Im nächsten Jahr wird ein grosser Spielfim mit Daniel Radcliffe in der Hauptrolle über Jenkins Husarenstück gedreht.
Heute hilft Jenkin, der nach seiner Flucht nach England wieder in Südafrika lebt, bei einer ganz anderen Art von Befreiung: der Befreiung vom Schuldgeld der Banken. Er hat ein «Community Exchange System» für den lokalen Austausch ohne Geld aufgebaut. Lieferungen und Bezüge der Mitglieder werden in einer Buchhaltung festgehalten, fast so wie das erste Geldsystem im Zweistromland während Jahrtausenden funktionierte, nur moderner und einfacher. 926 Tauschsysteme in 86 Ländern mit über 40’000 Anwendern funktionieren nach dem Prinzip – eine hervorragende Leistung. Der Mann weiss eindeutig, was es heisst, gefangen zu sein und sich zu befreien.
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Mehr zum Thema im Schwerpunktheft «frei | gefangen»
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