Das war hauchdünn und ist äusserst schmerzlich: Wer früher gewusst hätte, wie eng es wird, hätte sich vermutlich ins Zeug gelegt. Ein Prozent der Leute, die zuhause geblieben sind oder den Stimmzettel ins Altpapier geworfen haben, hätte genügt.
Eine so knappe Niederlage wirft Fragen auf:
Waren die Befürworter so stark? Mitnichten. Bundesrat Jans bot Angriffsflächen zuhauf. Aber die Mainstream-Medien meinten es gut mit ihm. «Staatlich, sicher, freiwillig» – keine dieser Behauptungen hielt der Kritik stand. Die Kampagne konnte aus der relativ sicheren Position eines wahrscheinlichen Erfolgs geführt werden. Diese Fehleinschätzung hätte um ein Haar kapitale Folgen gehabt.
Waren die Gegner so schwach? Ja, sie waren schwach. Nur kleine, politisch unbedeutende Gruppen engagierten sich gegen die eID. Sie profitierten aber von der zunehmenden Bedeutung alternativer Medien als Informationsquelle und vom wachsenden Misstrauen gegen alles globalistisch-technokratische,
Aber vor allem waren die Gegner zerstritten, vom Tag der Lancierung des Referendums bis zum Tag der Abstimmung.
Eine Stunde nach Bekanntgabe des definitiven Resultats versandte die Bewegung «mass-voll» eine eMail mit dem Titel «Die Gründe für das Ja».
Darin heisst es unter anderem:
Hätten andere Akteure wie die EDU, JSVP , Verfassungsfreunde, verwirrte Splittergrüppchen aus der Corona-Zeit und zerstrittene Piraten nicht ihre eigenen, kaum schlagkräftigen Kampagnen gefahren und das Nein-Lager gespalten, hätten wir heute ein haushohes Nein.
Ja, mass-voll» hat zweifellos die beste Kampagne gefahren. Trotzdem wollten sich all die anderen Gegner nicht dem Management von mass-voll unterstellen. Warum?
mass-voll hat die bemerkenswerte Fähigkeit, Freunde zu Feinden zu machen. Ich erhielt nach meinem Videobeitrags zur eID von massvoll eine eMail mit heftigen Beschuldigungen in unmissverständlicher Sprache, deren Veröffentlichung mir leider verwehrt wurde. Die eMail schliesst mit der Empfehlung, einen «Flättere-Länge-Abstand» einzuhalten. (Flättere, nordostschweizer Mundart für Ohrfeige).
Und als sich mein Kollege Stefan Theiler von Transition TV für eine Videoreportage zum Abstimmungssontag bei mass-voll anmelden wollte, erhielt er eine schroffe Absage mit der Begründung, er hätte schlimmer gegen mass-voll-Mitglieder gehetzt als seinerzeit die Massenmedien gegen Ungeimpfte.
Wenn die Gruppe «mass-voll» den anderen vorwirft, das Nein-Lager gespalten zu haben, dann trifft der Vorwurf vor allem auf sie selber zu. Wenn die anderen miteinander kooperieren, mass-voll aber nicht, dann liegt der Fehler kaum bei der Mehrheit.
Oder im Klartext: Wenn mass-voll nicht gespalten hätte, müssten wir jetzt nicht mit einer eID zu leben versuchen.
Wichtiger als die Gründe für das Scheitern, sind allerdings die positiven Seiten dieser Abstimmung:
Dass wir trotz schwacher Nein-Kampagne und der fast absoluten Medienhoheit der Ja-Sager bis auf 0,4 Prozent am das Ziel herangekommen sind, ist ein deutliches Zeichen, dass die Zeiten, in denen man uns ein X für ein U vormachen kann, langsam zu Ende gehen.
Die dringlichen Covid-Gesetze wurden noch von 40 Prozent abgelehnt, jetzt sind wir bei knapp 50 Prozent.
«Ein Warnsignal an die Politik», schreibt Daniel Funk von Transition-News in seinem Abstimmungskommentar. Und: «Die Gegner sollten [Bundesrat Beat] Jans beim Wort nehmen und auf Freiwilligkeit beharren.»
Immer mehr Leute informieren sich alternativ und bilden sich eine eigene Meinung. Wir sind fast mehrheitsfähig. Um die letzten Prozente noch zu schaffen, müssen wir jetzt eine umgänglichere Tonart wählen. Kampfparolen wie «Abstimmungsbetrug!» und «nachzählen!» sind fehl am, Platz.
Wir müssen zeigen, dass wir das Vertrauen verdienen und dass man mit uns reden kann.
Und wir werden nicht darum herumkommen, zu kooperieren. Wir befinden uns in einer gleichzeitigen Krise von allem – mit dem Bedarf einer gleichzeitigen Reform von allem.
Das heisst: Die eine Reform kann nur gelingen, wenn auch die anderen gut unterwegs sind. In einer Demokratie kommt selbst der Stärkste im Alleingang nicht ans Ziel.
Es stehen ein paar wichtige Abstimmungen an, die von der SVP allein nicht gewonnen werden können: Halbierungs-, Neutralitäts- und Kompass-Initiative, die ominösen EU-Verträge und vielleicht die Kampfflugzeuge F-35.
Da braucht es die Stimmen der aufgeklärten Skeptiker, der freien Linken und Grünen, der Bürgerrechtler und all derer, nicht nur das Üble verhindern, sondern vor allem das Gute verwirklichen wollen – eine Zukunft in Gerechtigkeit und Freiheit.
Die Replik von mass-voll-Präsident Nicola A. Rimoldi (per eMail übermittelt am 29.9.25, 13.09)
Ihr nennt euch Journalisten, also müsst ihr auch meine Gegenrede publizieren. Anbei:
"Ich toleriere keine Attacken auf meine Mitglieder und meine Bewegung. Und ich räche sie. Deswegen wurde ich vorgestern als Präsident bis 2028 einstimmig (!) wiedergewählt.
MASS-VOLL! zeigt klare Kante und Profil: Mit Spaltern wie Pfluger und Theiler gibt es keine Kooperation. Attacken gegen uns haben Konsequenzen. Wir vergeben und vergessen nicht! Nur MASS-VOLL! als heute schon stärkste Bürgerrechtsbewegung kann eine bessere Schweiz erschaffen. Jetzt überall sonst austreten und bei uns Mitglied werden".
Mit Spaltern und Hetzern wie euch wird MASS-VOLL! niemals kooperieren.
Und Christoph, in 20 Jahren bin ich noch voll im Saft, während Du altersbedingt nicht mehr da bist. Grüss mir dann Berset in der Hölle.