Drei Fragen an den Bestatter Philipp Messer

Tod – dieses Wort hat uns 2020 mehr denn je begleitet, ob privat oder medial. Bestatter hingegen beschäftigen sich mit dem Ableben und der Beisetzung anderer Menschen jedes Jahr intensiv. So auch Philipp Messer. Der 47-Jährige führt in Biel die «Storz Bestattung», ausserdem ist er Präsident des Schweizerischen Verbandes der Bestattungsdienste (SVB).

zvg / Storz

Zeitpunkt: Herr Messer, als ich Sie kurz anrief, waren Sie als Bestatter in grosser Eile in einem Einsatz. Das erinnerte mich an die SRF-Fernsehserie «Der Bestatter»: Hinrasen mit dem Kastenwagen, Leiche abholen, aufbahren, Familienangehörige begrüssen. Ist das Ihre tägliche Arbeit?

Philipp Messer: Ich habe den «Bestatter» gesehen. Als Präsident des SVB durfte ich sogar für zwei Folgen Kollegen von mir organisieren, die mitspielten. Es war spannend hinter die Kulissen zu blicken und mitzuwirken. Ich habe es genossen, auch die Serie zu schauen. Die Arbeit eines Bestatters ist jedoch sehr anders. Allerdings muss gesagt sein, dass in der Schweiz das Bestattungssystem kantonal sehr unterschiedlich geregelt ist. Mancherorts ist es privat und kommunal organisiert. Das bedeutet, dass gewisse Arbeiten der Bestatter übernimmt und andere die Gemeinde. In anderen Kantonen dagegen macht entweder alles die Gemeinde oder übernehmen alles die Bestatter.

Als Kleinunternehmer bin ich sehr eingespannt. Man muss als Bestatter 24 Stunden und 365 Tage im Jahr erreichbar sein. Und gewiss: Der Tod ist allgegenwärtig. In Gedanken und in der Arbeit. Das führt zu Demut und vielleicht auch zu der Gewissheit, dass mit dem Leben auch der Tod auf die Welt kommt.

Wir haben nun seit März neun Monate Corona. Haben Sie viel zu tun?

Ja, Corona ist gekommen und hat die ganze Schweiz unvorbereitet getroffen. Im März mussten wir innert kurzer Zeit Regeln aufstellen und Notfallszenarien entwerfen. Aufgeschreckt von den Bildern aus dem Ausland wussten wir nicht, was auf uns zukommt. Wie viel nun ein Bestatter aber zu tun hat, kommt sehr darauf an, in welcher Region er tätig ist. In den letzten Wochen gab es etwa in der Romandie sehr viele Todesfälle. In unserer Gegend, in Biel, gibt es glücklicherweise keinen Notstand. Aufgrund der schwierigen Zeit ist leider die Verabschiedung – die Trauerfeier und Beisetzung – nicht so möglich, wie es sich Angehörige wünschen. Es gibt Teilnahmebeschränkungen, Maskenpflicht. Ein gemeinsames Apéro oder Essen in einem Restaurant ist nur erschwert möglich. Im Frühjahr war es wegen des Lockdowns noch schwieriger.

Wie sollten wir mit dem Tod umgehen? Die meisten haben Angst davor ...

Den Tod bewusst werden lassen: Das ist der Ursprung, um herauszufinden, wie ich als Individuum damit umgehen kann und möchte. In der Gesellschaft, in der Gemeinschaft haben sich in Bezug auf den Tod jahrzehntealte oder sogar jahrhundertealte Riten und Gebräuche etabliert. Ich sehe, dass sie den Menschen Halt geben. Es macht niemanden weniger traurig, aber die Verabschiedungen finden auf eine Weise statt, dass man verstehen kann: Etwas geht zu Ende und etwas Neues kann beginnen.

Ich selbst betrachte den Tod als ungerechten Gesellen. Manchmal nimmt er Menschen, die zu jung sind, und manchmal lässt er ältere Menschen am Leben, die eigentlich gehen möchten. Nochmals zur Demut: Sie befreit nicht vor Trauer und Wut, aber sie lehrt, dass sich im Leben so manche Sachen dem Willen entziehen.
 

01. Dezember 2020
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