Elon Musk und die Einbindung von Big Tech in die Kriegsmaschine

Der Tech-Unternehmer stellte der Ukraine Starlink-Verbindungen für den Krieg zur Verfügung, aktivierte das System über dem Schwarzen Meer aber nicht, um eine Eskalation zu verhindern.

(Foto: Space X)

Die Veröffentlichung von Auszügen aus Walter Isaacsons Biographie über Elon Musk in der Washington Post am 7.9. löste heftige Reaktionen aus. Darin wurde behauptet, Musk habe das Starlink-Satellitensystem über dem Schwarzen Meer deaktiviert und so im September 2022 einen ukrainischen Angriff auf die russische Schwarzmeerflotte verhindert.

Musk stellte später auf X (ehemals Twitter) klar, daß Starlink dort niemals aktiviert war:

Es gab eine Notfallanfrage von [ukrainischen] Regierungsbehörden, Starlink bis nach Sewastopol zu aktivieren. Die offensichtliche Absicht war, den größten Teil der dort ankernden russischen Flotte zu versenken... Hätte ich ihrer Bitte zugestimmt, dann wäre SpaceX ausdrücklich an einem großen kriegerischen Akt und einer Konflikteskalation beteiligt gewesen.

Zuvor hatte er erklärt, ein solcher erfolgreicher Angriff wäre „wie ein Mini-Pearl Harbor“ gewesen und hätte einen Atomkrieg auslösen können. Starlink ist ein System von SpaceX, dessen Eigentümer Musk ist. Es vernetzt Satelliten in der erdnahen Umlaufbahn für einen schnellen und kostengünstigen Internetzugang von Endgeräten am Boden.

Musk lieferte der Ukraine mindestens 15.000 Starlink-Sets für Nutzer, die wegen russischen Cyberkriegs keinen Internetzugang mehr hatten. Laut der Londoner Times ermöglicht dies ukrainischen Truppen, in Verbindung zu bleiben, russische Drohnen auszuschalten und russische Ziele bei Nacht zu treffen.

Die Kontroverse wirft die noch ungelöste Frage der Einbindung privater Big-Tech-Firmen in militärische Operationen der Regierung auf – insbesondere Firmen mächtiger Milliardäre. Ein neuer Bericht des European Council on Foreign Relations analysiert die „enorme Rolle“ privater Tech-Giganten im Ukraine-Krieg.
„Große US-Tech-Unternehmen und kleinere, spezialisierte Firmen stellen Hochtechnologie und Cyberunterstützung bereit und ermöglichen es der Ukraine, ihre Daten in die Cloud zu verlagern und das Schlachtfeld zu digitalisieren“, heißt es darin.

„Zu den verwendeten Technologien gehören Drohnen, Satelliten und KI-gestützte Software.“ Microsoft-Präsident Brad Smith wird zitiert, der Krieg umfasse „eine Allianz von Ländern, die die Ukraine unterstützen, und eine Allianz von Technologieunternehmen“.

Dazu gehören Google, das seine Software Project Shield zur Verfügung stellt, die einen „Cyber-Schirm“ für ukrainische Websites schafft; Microsoft, das seine Unterstützung für die Ukraine 2022-23 auf 400 Mio. schätzt; und Palantir, dessen CEO Alex Karp sagt, daß die Datenanalyse seines Unternehmens die Zielfunktionen von Panzern bis zur Artillerie verbessert hat und „für den größten Teil der Zielsuche in der Ukraine verantwortlich“ ist.

Es ist bekannt, daß Big-Tech-Firmen seit dem 11.9.2001 als Teil des „Sicherheitsstaates“ an der hybriden Kriegsführung beteiligt sind, z.B. bei der Datensammlung und der Zensur von Sozialen Medien. Da sie ein integrierter Teil der kinetischen Kriegsführung geworden sind, wirft dies weitere Fragen auf:

Werden sie Berichte über verdeckte Operationen zensieren, an denen sie auf dem Schlachtfeld beteiligt sind? Und können in den USA ansässige Unternehmen von der US-Regierung zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie im Auftrag anderer Regierungen an der Kriegsführung beteiligt sind?

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Der Text stammt mit Zustimmung des Verlags aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.