Gegenwind gegen Windräder

Während Regierung und Parlament zur Zeit die demokratischen Hürden für grosse Windkraftanlagen einschränken, wollen zwei Volksinitiativen sie ausbauen, die heute lanciert wurden.

Gegenwindräder

Der Verein «Freie Landschaft Schweiz» mit 40 kleineren Umweltorganisationen will mit der Waldschutz-Initiative Windräder in Wäldern verbieten und mit der Gemeindeschutz-Initiative den Bau solcher Anlagen einer Gemeindeabstimmung unterwerfen.

Die windarme Schweiz ist kein ideales Land für Windkraftanlagen. Einigermassen gute Erträge sind nur an exponierten Lagen möglich, zum Beispiel auf den Jurahöhen. Auf dem Chasseral zum Beispiel herrschen Windverhältnisse wie in den Windparks in der Norseee.

Aber Windräder an solchen Standorten sind hunderte Kiloeter weit sichtbar und werden von einer grossen Bevölkerungsmehrheit als Störung empfunden.

Windturbinen in unberührten Landschaften werden gemäss einer Umfrage im Auftrag der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) von 89 Prozent der Bevölkerung abgelehnt. (WSL: «Energielandschaften in der Schweiz»)

Definitiv in der eidgenössischen Politik gelandet ist die Windenergie mit dem «Mantelerlass» vom Vorjahr. Er will grosse Energieanlagen auch in geschützten Landschaften zulassen und die Einsprachemöglichkeiten einschränken. Gegen den Mantelerlass wurde erfolgreich das Referendum ergriffen. Er kommt vermutlich am 9. Juni vors Volk.

Aber bereits werden mit dem sog. «Beschleunigungserlass» weitere Beschränkungen der demokratischen Einflussnahme beraten. Die Vorlage zielt gemäss Botschaft des Bundesrates darauf an, «die Verfahren für die Planung, den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von grossen Anlagen … zu vereinfachen und damit zu beschleunigen. Ausserdem soll der Planungsprozess für das schweizerische Übertragungsnetz vereinfacht werden.»

Im Klartext: Die Entscheidungen sollen zentralisiert, die Einsprachemöglichkeiten der betroffenen Bevölkerung weiter eingeschränkt werden.

Während das Referendum gegen den Mantelerlass nur ein Gesetz verhindert – wenn denn die Abstimmung entsprechend ausfällt –, gehen die kleinen Umweltorganisationen einen Schritt weiter: Sie wollen den Schutz der Wälder und die Gemeindeautonomie beim Bau von Windkraftanlagen von mehr als 30 Metern Höhe in der Verfassung verankern.

In der Schweiz sind weit über 1000 Windkraftanlagen vorgesehen, schreibt das Komitee der Waldschutz-Initiative. Viele davon sind in Wäldern oder auf Waldweiden vorgesehen, für die jeweils ein Hektar Wald gerodet und winterfeste Zugangsstrassen gebaut werden müssen. Dabei sei der Ertrag von Windrädern in Wäldern vergleichsweise gering.

Gemäss der Gemeindeschutz-Initiative müssen Windkraftanlagen von den betroffenen und allenfalls anderen beeinträchtigen Gemeinden in einer Volksabstimmung bewilligt werden.

Die beiden Initiativen sind kurz und verständlich formuliert und enthalten eine rückwirkende Klausel, wie sie schon bei der Rothenturm-Initiative zum Schutz von Moorgebieten von 1987 zur Anwendung kam. Werden die beiden Initiativen angenommen, unterliegen alle nach dem 1. Mai 2024 gebauten Anlagen den neuen Verfassungsbestimmungen. Anlagen müssen also einer Gemeindeabstimmung vorgelegt, solche in Wäldern rückgebaut werden.

Das ist ein beträchtliches Investitionsrisiko, das private Investoren kaum eingehen wollen. Bedingung ist aber, dass die Unterschriftensammlung flott vorankommt und die Möglichkeiten eines Abstimmungserfolg realistisch bleiben. Dann kann es gelingen, dass die Schweiz eine Insel weitgehend ohne Windturbinen bleibt.

Die Chancen dazu sind gut: «In der Schweizer Umweltpolitik scheint sich gerade ein neuer ernst zu nehmender Akteur zu etablieren», schreibt der Tages-Anzeiger über den Verein «Freie Landschaft Schweiz».


Waldschutz-Initiative: http://www.waldschutz-ja.ch/
Gemeindeschutz-Initiative: http://www.gemeindeschutz-ja.ch/