Haben Sie noch was zu lachen, Herr Masuth? oder: Zensur findet nicht statt.
Der Kabarettist Uli Masuth wird von der Stadt Ettlingen wegen «Querdenker-Nähe» ausgeladen. Er selbst plant vom 1.-3. September ein Festival in Weimar – wo viele von denen auftreten, die wegen ihrer kritischen Haltung an anderen Orten gecancelt wurden. Drei Fragen an Uli Masuth.
Ich «erwische» Uli Masuth für ein Telefon-Interview im Urlaub in Spanien – vor ihm das Meer, dahinter die Berge – und doch täglich mindestens zwei Stunden mit der Vorbereitung des FESTIVALS beschäftigt.
Zeitpunkt: Herr Masuth, Kabarettisten sollen per definitionem kritisch und lustig sein, sonst haben sie ihren Beruf verfehlt – zu lachen gab es für sie aber wenig in der letzten Zeit. Sie selbst wurden als Querdenker ausgeladen, wie kürzlich in Ettlingen – können Sie das noch mit Humor sehen oder ist das existenzbedrohend?
Uli Masuth: Im Gegenteil, ich finde, dass es gerade in der letzten Zeit sehr viel zu lachen gab. Ich muss ja nur an die Grüne Partei denken und Personen wie die Ministerin für feministische Aussenpolitik, für die eine Wende um 360 Grad eine Umkehr bedeutet. Oder Frau Göring-Eckhardt, die feststellt, dass deutscher Atomstrom die Netze verstopft hat. Jetzt beziehen wir Atomstrom aus Frankreich, der ist offenbar dünner.
Und während Ökonomen sagen, dass sich Deutschland im wirtschaftlichen Sinkflug befindet, ergeht Robert Habeck sich in Selbstlob und nennt die deutsche Wirtschaft allenfalls etwas «untertrainiert» – da kann man ja nur noch lachen. Wenn es nicht so ernst wäre.
Ich bin vorher nie wegen einer kritischen Haltung ausgeladen worden. Seit der Corona- Nummer hat sich in unserem Land eine neue Kultur breit gemacht, eine Un-Kultur, die Cancel Culture-Kultur. Wenn man sich dagegen nicht wehrt, wird es nicht besser.
Wie wehren Sie sich denn?
Durch anwaltliche Hilfe. Ich habe bis jetzt keinen Rechtsstreit verloren. Einige hängen noch an. Ettlingen ist ein besonderer Fall, da geschah die Ausladung auf Druck der Badischen Neuen Nachrichten.
In einem Kommentar auf der Reitschuster-Seite schrieb jemand, der mit den Verhältnissen in Ettlingen offenbar vertrau ist, über die Redakteurin der BNN Folgendes, ich lese mal vor: «Die Kommentatorin (…) ist eine sehr gute Freundin der Gattin von Dr. (...) in Ettlingen, der während der Corona-Pandemie wochenlang eine tägliche Schlange von mindestens 800 Personen, über mehrere Strassenzüge anstehend, durchgeimpft hatte. Hier trennt sich objektive Berichterstattung von interessengelagerter Amigoaffaire. Dafür fehlt mir jedes Verständnis.»
Aha. Anscheinend bestehen da gravierende Interessenkonflikte. Das ist ja so, als ob die Gesellschaft gerade auseinanderfällt.
Absolut.
Sie sagten in einer Talkshow einmal: «Was kommt nach dem Krieg? Frieden. Können wir den Krieg nicht überspringen und gleich zum Frieden kommen?» Dieser Logik kann man sich kaum entziehen – wenn man nicht gerade Politiker ist. Was würden Sie als Kulturschaffender und Kabarettist der Politik verschreiben, damit sie wieder anfängt zu denken – z.B. beim Ukraine-Krieg?
Da ist guter Rat teuer. Politiker handeln im Moment wider die Realität. Fakten müssen der Ideologie weichen. Denn in der Politik geht es meiner Meinung nach praktisch nur noch um Ideologie, die durchgeboxt werden soll, mit dem Kopf durch die Wand, egal, was es kostet. Ich bin nicht optimistisch, was diese Entwicklung betrifft, aber verliere deshalb meinen Humor nicht.
Ich habe in meinem Kabarettprogramm einen längeren Abschnitt zum Thema Ukraine, der oft dazu geführt hat, dass einige Menschen empört die Veranstaltung verlassen. In letzter Zeit allerdings weniger, das ist erfreulich. Aber es kommt noch vor, sobald man anfängt, Fragen zu stellen – zum Beispiel wie lange der Krieg schon läuft und warum eigentlich immer nur der Russe der Böse ist.
Gleichzeitig wird Barack Obama praktisch als Held glorifiziert, obwohl er ja auch völkerrechtswidrige Angriffskriege geführt hat – gegen Syrien, Libyen und den Jemen. Aber im Westen ist Putin das Monster. Und dann frage ich mich, woran liegt´s… dass Putin im Gegensatz zu Obama keinen Friedensnobelpreis hat?
Jetzt planen Sie ein eigenes Festival in Weimar. Wahrscheinlich haben Sie sich gedacht, wenn so viele Kulturschaffende derzeit AUSgeladen werden, dann machen Sie Ihr eigenes Festival, wo diese Leute einmal EINgeladen werden. Wie Hans-Joachim Maaz, Ulrike Guérot und andere.
Genau. Alle Eingeladenen, ob Wort oder Kultur, die eingeladen sind, sind aufgefallen durch kritische Äußerungen im Zusammenhang mit Corona, dem Ukraine-Krieg oder dem Klimawandel. Oder auch zu allen drei Themen. Und ich dachte, wir sollten all diesen Leuten auf einem Festival über drei Tage eine Plattform geben.
Und in Weimar müssen wir keine Angst haben, ausgeladen zu werden. Der Besitzer des Schiesshauses steht hinter der Veranstaltung. Und ich meine, irgendeinen Grund muss es ja haben, dass es in unserem Grundgesetz heisst: Zensur findet nicht statt. Dann muss es auch möglich sein, diese Veranstaltung durchzuziehen.» Was übrigens wahnsinnig viel Arbeit war und immer noch ist.Überhaupt ist DAS FESTIVAL nur möglich, weil alle Beteiligten auf eine feste Gage verzichten. Dafür bin ich sehr dankbar. Die Einnahmen, die nach Abzug aller Kosten übrigbleiben, werden unter allen Beitragenden fair aufgeteilt.
Danke für das Gespräch, noch einen schönen Urlaub und viel Erfolg für das Festival!
Das FESTIVAL vom 1.-3. September im Schliesshaus von Weimar. U.a. mit Markus Stockhausen Group, Hans-Joachim Maaz, Ulrike Guérot, Gabriele Gysi, Jürgen Fliege und vielen anderen. Künstlerische Leitung: Uli Masuth.
«DAS FESTIVAL lädt ein, Ohren und Augen, Herz und Verstand zu öffnen.»
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