Jeder Rappen ruht

«Jeder Rappen zählt» heisst es wieder nächste Woche, wenn Radio und Fernsehen zusammen mit der Glückskette für die grossen Schweizer Hilfswerke sammeln. So bedürftig sind sie aber gar nicht, wie Andreas Flütsch im Tages-Anzeiger von heute zeigt. Sie horten hunderte von Millionen Franken für die Zeit möglicher Spendeneinbrüche. Die Berghilfe zum Beispiel verfügt mit 129 Millionen über Reserven für mehr als fünf Jahre, die Glückskette sitzt auf 140 Millionen und die Heilsarmee auf 226 Millionen.

Um sich arm zu rechnen, werden die Reserven zweckgebundenen Fonds zugewiesen,
die aber erst viel später – oder gar nicht – gebraucht werden. So liegen bei der Glückskette noch immer 41 Millionen für den Tsunami vor sieben Jahren und 9,6 Millionen für das «Unwetter Schweiz 2000». Und die Berghilfe hat 22,7 Millionen zur Seite gelegt, um Wertberichtigungen bei ihren Geldanlagen abzufedern.

Die Zertifizierungsstelle für gemeinnützige Sammelorganisationen Zewo hält Reserven im Umfang von zwei Jahresumsätzen für gerechtfertigt – um Spendeneinbrüche aufzufangen –, und sie deckt auch die fragwürdige Bilanzierungspraxis an zweckgebundene Fonds. Ein massiver Spendenrückgang ist nämlich nach eigener Einschätzung auch in Krisenzeiten nicht zu erwarten: «Die Finanzkrise hatte in der Schweiz keine negativen Auswirkungen auf die Spenden» schrieb sie über das Jahr 2009 und konstatierte ein «Wachstum auf breiter Front». Nur: Dass so viel Geld in den Kassen ruht oder in Finanzanlagen wandert, damit rechnen die Spenderinnen und Spender wohl kaum.

Was tun: Wir empfehlen kleine Hilfsorganisationen mit hohem Anteil an Freiwilligenarbeit.

CP

05. Dezember 2011
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